Die Wüste und ich – ein modernes Abenteuer

■ Die Australierin Robyn Davidson lebte monatelang unter nordindischen Nomaden

Kamele haben es ihr angetan. Allein mit Kamelen zog Robyn Davidson durch die australische Wüste und schrieb darüber ihr Buch „Spuren“. Nun hat die radikale Aussteigerin auf Zeit ihren zweiten Abenteuerbericht veröffentlich. Monatelang lebte sie „unter Nomaden“, dem nordindischen Volk der Rabari.

Mit Geld, Beziehungen und viel Mut organisierte Davidson ihre Reise durch die nordindische Steinwüste. Sie läßt sich auf die andere Lebensweise ein, die Härte der Wanderung, die sozialen Beziehungen, die Schwierigkeiten der Verständigung, die Ängste des Nichtverstehens, des nicht Dazugehörens. An der Welt der Rabari spiegelt sie ihr westliches Selbstverständnis, ihre Erwartungen. Sie schreibt über das Leben unter den Nomaden aus radikal subjektiver Sicht. Eigentlich müßte das Buch „Ich unter Nomaden“ heißen. Davidson sucht nicht nach einer objektiven, zusammenhängenden Darstellung der Lebensweise der Rabari, sondern nach sich selbst unter extremen Bedingungen. Natürlich erfährt die Leserin so auch einiges über die Rabari, gefiltert durch die Gemütslage der Autorin. Wie ein Puzzle lassen sich daraus Teilaspekte des Lebens der Nomaden zusammenfügen. Eines Lebens, dessen traditionelle Basis und Kultur rapide dahinschwindet.

Dafür nimmt die Leserin intensiv teil an Schmerzen, Abneigungen, Spekulationen und Deutungen der Autorin, bis hin zu deren Überlegungen über die Wechseljahre, die ihr ein indischer Arzt bescheinigt. Davidsons Nabelschau ist manchmal peinlich. Aber sie ist in ihrer subjektiven Unverfrorenheit gleichzeitg äußerst spannend. Ein Buch zum Abtauchen in andere Welten und die Abenteuer der Robyn Davidson: die gnadenlose Selbsterkundung einer westlichen Individualistin. Edith Kresta

Robyn Davidson: „Unter Nomaden – Meine Reise zu den Rabari“. Rowohlt 1997, 344 S., 14,90 DM