■ Mit Staatsausgaben auf du und du
: Helfende Hand

Berlin (taz) – Während für die einen die Alarmglocken noch schriller klingeln werden, sehen andere erleichtert die helfende Hand des Staats: Die Staatsausgaben machten in der Europäischen Union (EU) 1995 knapp die Hälfte des gesamten Bruttoinlandsprodukts der jeweiligen Länder aus. Die europäische Statistikbehörde Eurostat schreibt in ihrem neusten Bericht, daß nahezu alle EU- Mitgliedstaaten immer mehr Geld ausgeben für Dienstleistungen, Infrastruktur und ganz besonders Sozialleistungen.

Zwischen 1970 und 1995 sind die Staatsausgaben EU-weit insgesamt um etwa 13 Prozent gestiegen, am stärksten während der beiden Ölkrisen in den siebziger Jahren, so der Eurostat-Bericht. Die höchsten Staatsquoten wiesen im Jahr 1995 Schweden und Dänemark auf, die niedrigsten Irland und Großbritannien. In diesen beiden Ländern lagen sie rund 7 Prozent unter dem Durchschnitt der EU. Die Bundesrepublik findet sich im Mittelfeld. Auf die Bevölkerungszahl umgerechnet gab der schwedische Staat pro Kopf rund 25.400 Mark im Jahr aus, Deutschland 21.300 Mark und Großbritannien nur 11.700 Mark.

Eine ganz andere Verteilung ergibt sich, wenn man den Anteil der Sozialleistungen an den Staatsausgaben vergleicht. Hier ist die Bundesrepublik mit gut 55 Prozent EU-Spitzenreiter, etwa 10 Prozent über dem EU- Durchschnitt. Das Schlußlicht bildet das ausgabenfreudige Schweden: Nur 28 Prozent beträgt hier nach Eurostat-Berechnung der Anteil der Sozialleistungen.

Für Lohn- und Gehaltszahlungen an Staatsdiener sowie Warenkäufe gibt die Bundesrepublik EU-weit mit gut 21 Prozent am wenigsten aus. Großbritannien hat hier mit 44,5 Prozent die Nase vorn.

Auch bei den Zinszahlungen schneidet Deutschland vergleichsweise gut ab. Knapp 8 Prozent der Staatsausgaben kosten die laufenden Kredite, gegenüber 11,5 Prozent im EU- Durchschnitt. Dennoch, weil die meisten Staaten zunehmend Schulden aufnehmen (im EU- Schnitt 5,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts), um ihre Ausgaben zu decken, hat sich der Anteil der Zinszahlungen an den Staatsausgaben seit 1970 mehr als verdoppelt. Nach Sozialleistungen und laufenden direkten Ausgaben sind die Zinszahlungen in der EU damit zum drittgrößten Posten geworden. Niels Boeing