■ Mit Fernsehern auf du und du
: Teure Stromfresser

Berlin (taz) – Ob El Niño den australischen Busch verdorren läßt oder Holzkonzerne Regenwälder kahlschlagen – täglich flimmern Bilder der Umweltzerstörung über die Mattscheibe. Wie Produktion und Nutzung des Fernsehers selbst der Umwelt zusetzen, haben jetzt erstmals Wissenschaftler am Berliner Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung (IZT) untersucht. „Die meisten Studien haben sich bisher mit ganz einfachen Produkten beschäftigt, vor allem Verpackungen“, sagt Siegfried Behrendt, der das IZT- Projekt geleitet hat. „Wir haben nun die erste Ökobilanz für ein komplexes Elektronikgerät aufgestellt.“

Für die durchschnittlich 36 Kilo Werkstoffe aus aller Welt, die ein Farbfernseher auf die Waage bringt, ist bereits bei der Herstellung ein halbe Tonne Müll angefallen. Von der Umweltlast dieses „ökologischen Rucksacks“, wie das die Forscher nennen, ahnt der Kunde nichts, wenn er sein Gerät in der Schrankwand versenkt.

Etwa drei Stunden täglich läuft die Kiste dann und bleibt die restliche Zeit im Stand-By- Betrieb, damit die Fernbedienung allzeit bereit ist. Auf diese Weise verbrauchen die 47 Millionen deutschen Fernseher jährlich 6,5 Prozent des Stroms in den Privathaushalten, das entspricht der Stromproduktion eines Biblis-Atomreaktors. Innerhalb von zwölf Jahren Nutzungsdauer fällt für die Stromerzeugung ein weiterer ökologischer Rucksack von dreieinhalb Tonnen Rohstoffen an.

Da Elektronikschrott bisher kaum recycelt wird, entsorgt der Verbraucher den Fernseher in den Hausmüll. Auch Recycling ist kein Wundermittel: „Meistens findet ein ,Down-Cycling‘ statt: Das Glas der Bildröhre etwa findet sich im Straßenbau als Bauschutt wieder“, erläutert Behrendt. Da die Bildröhrengläser der verschiedenen Hersteller einen unterschiedlichen Bleigehalt haben, ist ein hochwertiges Recycling der Bildröhren bisher nicht möglich. „Dazu brauchen wir international anerkannte Normen“, erklärt Rolf Kreibich, Leiter des IZT. „Ohne Normung sind viele ökologische Entwicklungen der Zukunft nicht möglich.“ Aber selbst eine konsequente Wiederverwertung der einzelnen Bauteile könnte nur die Umweltauswirkungen beseitigen, die bei der Herstellung der Roh- und Werkstoffe auftreten.

„Der entscheidende Abschnitt für eine Verbesserung der Ökobilanz ist die Nutzung“, ermittelte Siegfried Behrendt. „Mit stromsparenden Stand-by- Verfahren oder gar dem Verzicht auf Stand-by läßt sich das meiste herausholen.“

Der „grüne“ Fernseher bleibt unattraktiv, solange er deutlich teurer als Angebote von No-Name-Herstellern sind. „Leider hat sich bei den Elektronikproduzenten die Praxis der Autoindustrie noch nicht durchgesetzt.“ Denn hier würden die Kosten ökologischer Innovationen auf die gesamte Produktpalette umgeschlagen. „Ein Öko-Auto ist dann kaum teurer als ein normaler Wagen“, so Kreibich. Niels Boeing