Römisches Stadtviertel will SS-Priebke nicht

■ Statt Hausarrest: NS-Kriegsverbrecher soll wieder im Knast einsitzen, fordern Anwohner

Rom (taz) – Der ehemalige SS- Offizier Erich Priebke, 82, der im vergangenen Juli wegen der illegalen Erschießung von Geiseln 1944 zu 15 Jahren Haft verurteilt worden war, sorgt für neue Unruhe in der italienischen Hauptstadt. Das für die Überwachung seines Gefängnisaufenthalts zuständige Gericht hat ihm seit einiger Zeit angesichts seines hohen Alters und seines Gesundheitszustandes Hausarrest zugestanden – doch das Stadtviertel Aurelio, in dem er untergebracht ist, will ihn partout nicht haben. Tagelang haben die Bewohner um die Via Cardinal Fanfelice ausgeharrt, mit bösen Transparenten in der Hand, auf denen stand: „Weg mit dem Mörder!“ oder auch einfach „Schande!“

Italiens Hinterbliebenen-Vereinigungen kommentieren die Haftentlassung überwiegend entsetzt: „Eine unglaubliche Entscheidung“, sagt die Vorsitzende der Israelitischen Gemeinschaft Roms, Tullia Zevi, „ein Schlag ins Gesicht aller Naziopfer“, und der Oberrabbiner Elio Toaff resigniert nur noch: „Ich hab's fast erwartet – nach all dem, wie man mit dem Fall umgegangen ist.“

Ob es den Bewohnern des Viertels noch gelingt, Priebke loszuwerden, ist höchst ungewiß. Die Grünen und die Neokommunisten haben bereits Anfragen an den Innenminister gestellt – ihrer Meinung nach ist Priebke nicht nur eine Zumutung, sondern auch eine Gefahr: „Durchaus möglich, daß es Anschläge gegen den Verbrecher gibt“, sagt der Grüne Paolo Cento, „und dann können die Einwohner des Viertels in Mitleidenschaft gezogen werden.“ Anfang des Jahres wird sich die Regierung in einer aktuellen Stunde im Parlament zu dem Fall äußern müssen. Werner Raith