■ Asien: Der Währungskollaps ist mehr als eine regionale Krise
: Die globale Deflationsdrohung

Die Krise in Asien wird bedrohlicher. Die Währungen von Kuala Lumpur bis Manila, von Taipeh bis Tokio fallen wieder auf Rekordtiefs. Längst sind es nicht mehr nur internationale Spekulanten, die die Kursrutsche auslösen. Einheimische Unternehmen und Anleger der gesamten Region flüchten in den Greenback und beschleunigen damit eine gefährliche Deflationsspirale, von der die gesamte Weltwirtschaft in Mitleidenschaft gezogen werden könnte. Als in Thailand im vergangenen Juli die Währung plötzlich ins Bodenlose fiel, redeten Ökonomen erst mal vom gefallen kleinen Tiger. Danach purzelten die Währungen und die Börsen in ganz Südostasien. Das vielgepriesene „asiatische Wunder“ verwandelte sich über Nacht in die „asiatische Währungskrise“. Die Turbulenzen konnten auch mit IWF-Interventionen in Thailand, Indonesien und nun in Süd-Korea nicht gestoppt werden. Die Währungen fielen so tief, daß nun auch Japan, der zweitgrößten Ökonomie der Weltwirtschaft, eine massive Abwertung der Landeswährung bevorsteht. Die Talfahrt hat bereits begonnen; so wenig wie jetzt war der Yen seit sechs Jahren nicht wert.

Für Europa und die USA ist die massive Yen-Abwertung die erste echte Bedrohung aus Asien. Japans Exporte verbilligen sich weiter. Damit wird die Konkurrenz in vielen lebenswichtigen Industriebranchen Europas noch härter. Die vergünstigten Warenströme aus Asien zwingen (und reizen) europäische Produzenten wohl zu beschleunigten Verlagerungen ihrer Produktionsstätten in die asiatischen Billiglohnländer. Es droht aber nicht nur der Verlust von Arbeitsplätzen in Europa.

Viel gefährlicher für die Weltwirtschaft ist die Deflationsdrohung, die von Japan ausgeht. Im Lande der aufgehenden Sonne fällt nicht nur die Währung auf Rekordtiefs, ohne daß die Regierung ernsthaft etwas dagegen unternimmt. In Japan nähern sich auch die Aktien- und Bodenpreise – wie im umliegenden Asien – einem historischen Tiefstand. Die Zinsen sind zudem seit zwei Jahren mit 0,5 Prozent auf dem niedrigsten Niveau seit dem Zweiten Weltkrieg. Japan exportiert also nicht nur verbilligte Waren, sondern verfügt auch über verbilligte Vermögenswerte. Die Sparer und die Rentner des Landes bezahlen bereits mit substantiellen Vermögensverlusten die Zeche. Ein ähnliches Szenario ist durchaus für europäische Volkswirtschaften denkbar. Und zwar schon bald. André Kunz