Kostengünstiger Umweg über die USA

■ Mit Calling Cards, im Call-back-Verfahren oder durch Telefonieren per Internet waren Auslandsgespräche schon seit geraumer Zeit billiger

Bereits vor dem 1.Januar 1998 konnten findige Telefonkunden bei Auslandsgesprächen Geld sparen: Mit Calling Cards, im Call- back-Verfahren oder per Internet- Telefonie. Während die ersten beiden die günstigen US-Telefontarife ausnutzen, profitiert die Internet-Telefonie von den billigen Standleitungen der Internet-Provider.

Calling Cards werden von weltweit operierenden Telefonfirmen angeboten, sind aber keine herkömmlichen Telefonkarten. Vielmehr erhält der Kunde wie bei einer Kreditkarte eine Geheimnummer und eine Kartennummer. Um etwa ein Gespräch mit einem Bekannten in New York zu führen, ruft er zunächst die kostenlose Service-Nummer in Deutschland an. Nach Eingabe von Kartennummer und Geheimnummer wählt er dann die New Yorker Nummer.

Über welches Telefonnetz sein Gespräch tatsächlich läuft, weiß der Kunde nicht. Er muß nur den Tarif zahlen, den der Anbieter der Calling Card verlangt. Die Kosten des Telefonats werden entweder von einem Guthaben abgezogen, das der Kunde für seine Calling Card durch Kauf angelegt hat, oder per Kreditkarte abgebucht.

Ähnlich funktioniert das Call- back-Verfahren. Hier legt man aber nach dem Anruf der kostenlosen Vermittlungsnummer gleich wieder auf. Ein Computer checkt die Nummer, von der aus man sich gemeldet hat, ruft zurück und legt ein Freizeichen auf die Leitung. Dann wählt man wie gewohnt weiter.

Da Anrufe von Handy-Nummern aus dem Telekom-Netz fast so teuer sind wie Auslandsgespräche, bietet TELEversa NETnet jetzt auch einen Call-back-Dienst für Handys an. Zum Angebot der meisten Call-back-Anbieter gehören außerdem Extras wie Faxen oder Konferenzschaltungen.

Damit die Gespräche billiger werden als der übliche Telekom- Tarif, setzen Firmen wie der US- Anbieter Global Link sogenannte „Least Cost Router“ ein. Die enthalten eine Software, die aus eingespeisten Tarifsystemen verschiedener internationaler Netzbetreiber für eine Telefonnummer den günstigsten Tarif heraussucht. Daher werden Gespräche häufig über die USA umgeleitet, wo es extrem günstige Tarife gibt. Ein Gespräch in die USA mit Global Link kostet so 63 Prozent weniger als mit der Telekom, nach Frankreich immerhin noch 24 Prozent weniger.

Solche Router sind seit dem 1.Januar auch für innerdeutsche Ferngespräche interessant. Bereits ab 250 Mark gibt es einfache, selbst programmierbare Router für private Kunden. Angeboten werden sie zur Zeit vor allem von kleinen Telekommunikationsfirmen.

Die billigsten Auslandsgespräche sind bisher über das Internet möglich. Hier muß nur der Ortstarif für den Anruf zum Provider bezahlt werden. Problem: Beide Gesprächspartner brauchen einen Internet- Zugang, spezielle Software sowie eine Soundkarte und ein Mikrofon. Außerdem müssen sie vereinbaren, daß sie zur selben Zeit am PC sitzen. Da die Worte als digitalisierte, zerrissene Päckchen durchs Internet geschickt werden, kann die Qualität der Verbindung mit einem richtigen Telefonat allerdings nicht mithalten.

In Zukunft soll Internet-Telefonie aber ganz normal von Telefon zu Telefon erfolgen. Eine entsprechender Versuch der Telekom und der israelischen Firma Vocaltec soll Ende Januar abgeschlossen werden. Nach Ansicht von Experten wird der sich anbahnende Preiskampf auf dem Telefonmarkt die Preisvorteile von Internet-Telefonie aber deutlich schmälern. Niels Boeing