Nordirland vor der Zerreißprobe

■ Friedensgespräche treten in entscheidende Phase. Katholik ermordet

Dublin (taz) – Ein loyalistisches Mordkommando hat Samstag nacht in Nordirland erneut einen Katholiken erschossen. Der 28jährige Terence Enwright, der mit einer Nichte des Sinn-Fein-Präsidenten Gerry Adams verheiratet war, arbeitete als Einlaßkontrolleur im Space-Nachtklub in einem katholischen Viertel Belfasts. Der Klub gehört der Schwägerin von David Ervine, dem Vorsitzenden der Progressive Unionist Party (PUP). Das ist der politische Flügel der loyalistischen Ulster Volunteer Force (UVF).

Ervine verurteilte gestern den Mord und machte die UVF-Abspaltung Loyalist Volunteer Force (LVF) verantwortlich. Die Attentäter seien davon ausgegangen, daß in dem Klub aufgrund seiner geographischen Lage ausschließlich Katholiken arbeiten.

Ob die PUP an den Mehrparteiengesprächen, die heute in die entscheidende Phase eintreten, teilnehmen wird, stand bis Redaktionsschluß nicht fest. Die Ulster Democratic Party (UDP) wird jedenfalls dabeisein, nachdem Nordirlandministerin Mo Mowlam die Gefangenen des bewaffneten UDP-Arms am Freitag besuchte und ihnen zusagte, sie künftig über bevorstehende Maßnahmen der Regierungen in London und Dublin vorab zu informieren.

Außerdem hat sie den Gefangenen nach Zeitungsberichten einen Plan von Tony Blair vorgelegt, wonach ein „Rat der britischen Inseln“ mit Vertretern beider Regierungen und der noch zu gründenden Regionalparlamente von Schottland, Wales und Nordirland eingerichtet werden soll. Die gesamtirischen Institutionen, die Verhandlungspunkt der Belfaster Gespräche sind, sollen diesem Rat unterstellt werden. Die irische Regierung hat signalisiert, daß das für sie inakzeptabel wäre. RaSo

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