Motivierend: zwei Mark die Stunde

■ Die CDU fordert Zwangsarbeit für SozialhilfeempfängerInnen

Daß darin ein „gewisses Diffamierungspotential“liegt, weiß auch der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Johannes Mertens. Deshalb will er die Zwangsarbeit für SozialhilfeempfängerInnen keinesfalls Zwangsarbeit nennen. Es sei normal, für sein Geld zu arbeiten, und das sollten nach einem Antrag der CDU an die Bürgerschaft künftig SozialhilfeempfängerInnen im Ehrenamt tun. Bei Ablehnung soll die Sozialhilfe um 25 Prozent gekürzt werden.

Mertens bezieht sich auf das Lübecker Modell. Dort vermittelt die Stadt jeden als arbeitsfähig geltenden Sozialhilfeempfänger in gemeinnützige Arbeit. Der Effekt: Rund 27 Prozent der Antragsteller verfolgen ihren Antrag erst gar nicht zu Ende. Die Stadt spart Geld.

Auf diesen Abschreckungseffekt setzt auch Mertens. Zusätzlich will er SozialhilfeempfängerInnen zur Arbeit „motivieren“. Zum Beispiel könnten sie Nistkästen für Vögel bauen, Bordsteine absenken oder auch in Wachdiensten arbeiten. Daß er mit seinen Biliglohnkräften, die er für zwei Mark die Stunde beschäftigen will, privaten Unternehmen Konkurrenz macht und eher einen Stellenabbau erreichen könnte, glaubt er nicht: „Es dürfen nur Arbeiten sein, die sonst aus Geldgründen gar nicht erledigt werden“.

So soll es auch in Lübeck sein. Dennoch gibt es dort die Tendenz, daß Stellen durch die Billigkräfte eingespart werden, wie Hans-Jürgen Schubert, der Fraktionsgeschäftsführer der Bürgerschaftsfraktion der Grünen, weiß. So würden etwa Planstellen bei der Stadt abgebaut, schlicht als gemeinnützige Arbeit deklariert – und für zwei Mark die Stunde erledigt.

„Die gemeinnützige Arbeit müßte freiwillig sein“, fordert Schubert. „So hingegen wird in Zeiten von Massenarbeitslosigkeit die Schuld auf die Betroffenen verlagert. Man tut so, als müßten sie zur Arbeit gezwungen werden“. Elke Spanner