Wunderbarer Wahnsinn

■ Live bei den „Hörproben“des NDR: die romantizistischen Roots-Rocker Fink und die junge Songwriterin Janina Welcker

Existiert in dieser Stadt eigentlich irgendwo ein gottverdammtes Loch, in dem Fink noch nicht gespielt haben? Es gab ja Zeiten, wo diese im letzten Jahr richtig berühmt gewordene Band fast wöchentlich irgendwo ihre Instrumente hingestellt hat. Zum Beispiel – um beim Loch zu bleiben – in dieser Aushöhlung, die rechts oben über dem Tresen des Kaffeehauses Saal II klafft. Wo sonst gerade mal ein Miniaturweihnachtsbaum Platz findet, zwängten sich Fink zu viert hinein, um einen ganzen Nachmittag musikalisch über die Runden zu bringen. Aber was heißt schon Nachmittag? Es war tiefer Winter und die Tage also kürzer als die Nächte, was ein gutes Setting für ihre im Zwielicht gedeihende Kunst bildete.

Die Hamburger sagen zwar Country zu ihrer Musik, meinen aber die Romantik. Die Lieder auf dem Debüt-Album Vogelbeobachtung im Winter werfen seltsame Schatten, und Menschen von nebenan mutieren in der Dämmerung zu monströsen Kreaturen. Während der überwiegend akustisch angetriebene Rootsrock knarrt wie die Stufen einer alten Stiege, verwischen die Texte die Grenze zwischen Alltagsbeobachtung und Wahnvorstellung. Der gute alte E.T.A. Hoffmann ist ein Bruder im Geiste von Songschreiber Nils Koppruch, der seit einigen Monaten glaubt, er kenne „Das Loch, in dem die Welt verschwindet“. Die vereinzelt schon mal live vorgetragenen neuen Songs von Fink versprechen also, daß der ganze wunderbare Wahnsinn noch mal ein paar Nummern größer wird.

Vom Wahnsinn noch weit entfernt ist die ganz junge Janina Welcker, die diese Woche mit Fink zusammen für die vom NDR aufgezeichneten „Hörproben“auftritt. Perfekte Stimme, perfektes Piano, und all das Leid, das einen jungen Menschen so bedrücken kann, wird hier eins zu eins nacherzählt. Die Talentscouts der Majors dürfen sich schon mal anstellen.

Christian Buß

Fr, 16. Januar, 20 Uhr, Knust