„Voralpen-Milošević“ gegen Bundesstaat

■ Berlins Finanzsenatorin Fugmann-Heesing attackiert Stoiber. SPD-Kassenwarte weigern sich, Länderfinanzausgleich zu ändern

Berlin (taz) – Die sozialdemokratischen Finanzminister wollen geschlossen gegen Versuche vorgehen, den Länderfinanzausgleich zu ändern. Berlins Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) warnte gestern die Geberländer Bayern und Baden-Württemberg davor, wie angekündigt vor dem Verfassungsgericht gegen den föderalen Steuerausgleich zu klagen. „Bayern und Baden-Württemberg stellen die deutsche Einheit in Frage“, sagte Fugmann-Heesing, die im Auftrag ihrer SPD-Kollegen und des christdemokratischen Bremer Finanzsenators Hartmut Perschau sprach.

Die Verfassung schreibe vor, per Finanzausgleich die Lebensverhältnisse in ganz Deutschland anzugleichen. Die Ministerpräsidenten der beiden Südländer riskierten mit ihrem Vorstoß deshalb die Zerschlagung des Bundesstaates. Fugmann-Heesing: „Wir sind hier nicht in Jugoslawien, auch wenn sich Ministerpräsident Stoiber als Voralpen-Milošević aufspielen möchte.“

Finanzsenatorin Fugmann- Heesing lehnte es auch ab, eine Arbeitsgruppe in der Finanzministerkonferenz einzurichten, um die Aufteilung der unterschiedlich hohen Steuereinnahmen der Bundesländer neu zu regeln. Die Mehrheit der Länderfinanzminister spreche sich gegen eine solche Arbeitsgruppe aus. Die Einrichtung würde nichts anderes bedeuten, „als die Fragestellung Bayerns und Baden- Württembergs zu akzeptieren“, sagte die Berliner Sozialdemokratin. Damit würde ohnehin nur versucht, die Solidarpaktverhandlungen von 1993 bereits jetzt wieder zu revidieren. Die beiden Südländer hatten die Arbeitsgruppe gefordert und mit einer Verfassungsklage gedroht, da sie sich als Geberländer im bundesstaatlichen Ausgleich benachteiligt sehen.

Fugmann-Heesing nannte diese Argumentation gestern „irreführend“, da mit unzulässigen Daten operiert werde. „Zuwächse bei den Steuereinnahmen bleiben trotz des Finanzausgleichs zu einem großen Teil bei den Geberländern“, sagte sie. Die Nehmerländer stünden deshalb nach dem Ausgleich nicht – wie behauptet – besser da als die Geberländer. In deren Rechnung werde der Länderfinanzausgleich unzulässigerweise mit den Ergänzungszuweisungen des Bundes vermischt.

Unterdessen bekräftigten die Ministerpräsidenten Bayerns und Sachsens, Stoiber und Biedenkopf, ihre Forderung an Bonn nach mehr Freiraum der Länder. Sie erhoffen sich davon, daß sich die strittige Reform des Länderfinanzausgleichs leichter verwirklichen läßt. Stoiber rechnet jedoch nicht mit einer „großen Koalition“ der Geberländer. Am Rande der CSU-Landtagsklausur in Wildbad Kreuth sagte er, dafür gebe es zu viele Empfängerländer. Er hoffe jedoch, daß mit dem Vorschlag von Bundesfinanzminister Theo Waigel, die Eigenständigkeit der Länder zu stärken, Bewegung in die Debatte komme. Für den 22. Januar ist die nächste Finanzministerkonferenz anberaumt. Barbara Junge