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Tele-Agenten sind auf dem Vormarsch

■ Berlin ist ein Wachstumsmarkt für Call-Center. Eine gute Infrastruktur, niedrige Büromieten und qualifizierte MitarbeiterInnen machen die Hauptstadt für Unternehmen attraktiv

Die Hauptstadt ist nach Angaben der Wirtschaftsförderung Berlin (WFB) ein großer Wachstumsmarkt für Call-Center. „20 Call- Center und etwa 2.000 Arbeitsplätze sind in den vergangenen drei Jahren in Berlin entstanden“, erklärte gestern der WFB-Geschäftsführer Hans Estermann. Die Zahlen würden sich in den nächsten Jahren „mindestens verdreifachen“.

Call-Center sind Servicezentralen, die entweder in Unternehmen angesiedelt oder selbständige Dienstleister sind und die im Auftrag einer Firma telefonieren. Sie betreuen beispielsweise Hotlines, akquirieren Kunden oder nehmen Bestellungen beim Versandhandel entgegen. In der Vergangenheit waren Call-Center für ihre Beschäftigungspolitik kritisiert worden. Denn viele Unternehmen verzichten auf Tarifverträge, bieten vor allem Teilzeitplätze an und zahlen niedrige Löhne.

Der Markt für Call-Center boome in Deutschland, so Estermann. Während es 1995 in ganz Deutschland 30.000 Arbeitsplätze gegeben habe, sollen es im Jahr 2001 bereits 140.000 sein. Damit Berlin seinen Teil am Kuchen abbekommt, will es mit besonderen Reizen aufwarten: Das Land Berlin hat nach Angaben von Estermann die Genehmigung erteilt, daß 24 Stunden durchgearbeitet werden darf, die WFB bietet Beratung an, und die IHK will ab Mai dieses Jahres eine zweimonatige Fortbildung zum „Tele-Agenten“ durchführen. Vier Unternehmen habe man auf diese Weise nach Berlin holen können, mit zwanzig weiteren stehe die WFB in intensivem Kontakt, erklärte Estermann.

„Noch sticht Berlin im Gegensatz zu Bremen und Nordrhein- Westfalen nicht hervor“, findet Thomas Becker von Gemini Consulting. Doch seien die Voraussetzungen sehr gut: Es gebe genügend Bürofläche mit eher niedrigen Mieten, und wegen der drei Universitäten stünden auch viele qualifizierte Menschen zur Verfügung. Daß in Berlin wenig Industrie und Dienstleistungen angesiedelt sind, spielt nach Angaben von Becker keine Rolle. „Entscheidend ist die bundesweite und internationale Nachfrage“. Denn Call- Center bedienen oft Kunden, die in anderen Regionen oder gar anderen Ländern sitzen.

Eines der 20 Berliner Call-Center ist die PhonePartner Berlin GmbH. Das Unternehmen hat 42 Mitarbeiter und strebt 1998 einen Umsatz von 1,2 Millionen an. Gegründet wurde es letztes Jahr, weil „durch den Regierungsumzug in Berlin ein großer Bedarf entstehen wird“, sagt Geschäftsführerin Monika Lüllau. Leute mit Erfahrungen im Telefonmarketing finde man in Berlin allerdings nicht“, so Lüllau. Karen Wientgen

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