■ Hans-Olaf Henkel, Cheflobbyist der Industrie, macht sich unbeliebt
: Völlig von der Rolle

Die Chefs deutscher Wirtschaftsverbände sollen Konzerne und Firmen vertreten. Dafür werden sie gewählt. Doch weil die Wirtschaft sich immer schneller verändert, immer internationaler wird, können die verknöcherten deutschen Verbände ihrer Aufgabe immer weniger gerecht werden.

Manche Lobbyisten, wie Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt, reagieren auf dieses Problem mit dem achselzuckenden Versuch, die eigene Truppen so gut es geht zusammenzuhalten. Konziliant im Ton, aber hart in der Sache, versucht Hundt dafür zu sorgen, daß Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften hierzulande mächtig genug bleiben, Tarifverträge nicht nur abzuschließen, sondern auch durchzusetzen.

Andere, wie Hans-Olaf Henkel, der Chef des Bundesverbandes der deutschen Industrie, haben es da ungleich schwerer. Weil der BDI ein reiner Lobbyverein ist, hängt seine Stärke davon ab, möglichst viele Industriezweige möglichst optimal zu vertreten. Zum einen aber verliert die Industrie gegenüber den Dienstleistungen auch in Deutschland an Bedeutung. Neue Großbranchen wie die Telekommunikation sind im BDI gar nicht zu Hause. Zum anderen verfügen gerade die übriggebliebenen Industriegiganten wie BASF, BMW, Siemens oder Daimler-Benz traditionell über eigenen Drähte ins Kanzleramt – sie brauchen den Lobbyisten Henkel nicht.

Henkel reagiert auf den Machtverlust des BDI mit lautem Pfeifen im Walde. Mal verlangt der ehemalige IBM-Topmanager, die Politik solle nicht im Weg herumstehen, die Umverteilung hin zu den Kapitalbesitzenden müsse weitergehen. Beim anderen Mal ruft er gar zum Vertragsbruch auf. Tarifverträge, immerhin das Lebenselixier von Arbeitgeberverbänden, könnten in der Not auch schon mal gebrochen werden.

Damit ärgert Henkel nicht nur Dieter Hundt. Seine Versuche, mit Lautstärke und Ruppigkeit den Bedeutungsverlust des BDI aufzuhalten, müssen notwendig auch zu Konflikten mit den Konzernherren führen. Als Pausenclown der Industrie durfte Henkel ruhig immer neue Forderungen stellen. Wenn aber der Clown den Draht der Großindustrie zum Kanzleramt stört, verläßt er seine Rolle. Die Forderung „Der Mann muß weg“ ist aus Sicht der Konzerne nur folgerichtig.

Für Nicht-Konzernherren, die unter dem Sparkurs der Kohl-Regierung leiden, bleibt dieser Streit gänzlich folgenlos. Auch und gerade die Konzerne, die beim Kanzler ein und aus gehen, zahlen ihre Steuern heute meist im Ausland und drücken sich so um die Finanzierung des Gemeinwesens. Hermann-Josef Tenhagen