DDR-Tradition: Gelöbnisse in KZ

Für die Märkische Volksstimme vom 11. Mai 1973 war es der „Höhepunkt für die Einwohner der Kreisstadt“. Alljährlich paradierten junge NVA-Rekruten nach ihrer Vereidigung auf dem Gelände der KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen durch das nahegelegene Oranienburg.

Vereidigungen waren integraler Bestandteil der „Nationalen Mahn- und Gedenkstätten“ in der DDR. In Sachsenhausen und Buchenwald zog im Frühjahr und im Spätherbst die NVA mit klingendem Spiel auf.

Dort schworen die jungen Soldaten, der „Deutschen Demokratischen Republik, meinem Vaterland, allzeit treu zu dienen und sie auf Befehl der Arbeiter-und-Bauern-Regierung gegen jeden Feind zu schützen“. In Sachsenhausen wurden neben NVA-Soldaten, Volkspolizisten, Grenz- und Betriebskampfgruppen auch Angehörige der Gesellschaft für Sport und Technik, einer paramilitärischen Einrichtung für vorwiegend junge Leute, vereidigt. Das Ritual war ganz dem „antifaschistischen Geist“ verpflichtet, in der sich die SED sah. Neben Offizieren, Vertretern der Parteien und Massenorganisationen zählten vor allem ehemalige KZ-Häftlinge zu den Gästen. So vermerkt der Sachsenhausen-Informationsdienst von 1978 eine „feierliche Waffenübergabe“ durch einen ehemaligen KZ-Häftling: Er überreichte den „jungen Soldaten, für die im Mai der Ehrendienst bei der NVA begann“, einzeln ihre Maschinengewehre.

In Buchenwald bei Weimar wurden nicht nur Vereidigungen abgehalten. Eine offizielle Informationsbroschüre aus den 80er Jahren vermerkt auch die öffentliche Immatrikulation von Auslandsstudenten der „Arbeiter- und Bauernfakultät“.

Der Ablauf mag dem Gelöbnis der 106. Kampfgruppenhundertschaft geähnelt haben, über den die Zeitung Das Volk am 16. August 1983 berichtete: „Die Schläge der Glocke von Buchenwald läuteten das feierliche Zeremoniell ein.“ Zum Abschluß erinnerte dann ein Oberstleutnant der Volkspolizei die Teilnehmer an das „Vermächtnis der Tausenden von Antifaschisten“. Severin Weiland