Bei Verdacht wird nach den Flitterwochen gefragt

■ Wenn PartnerInnen offensichtlich nicht zusammenpassen, droht eine ausführliche Anhörung bei der Ausländerbehörde. Landeskriminalamt verfolgt meistens nur Scheinehen mit kriminellem Hintergrund

Wie haben Sie sich kennengelernt? Wo haben Sie die Flitterwochen verbracht? Welchen Film haben Sie zuletzt gemeinsam gesehen? Wie verbrachten Sie den gestrigen Abend? Wie rasiert sich Ihr Mann? – Das sind nur einige der (immer wechselnden) Fragen, die bei einer sogenannten „Scheinehe-Anhörung“ in der Ausländerbehörde gestellt werden. Die Antworten können für das betroffene Paar existenzielle Auswirkungen bis zur Ausweisung haben.

Wenn ein frischgebackenes binationales Ehepaar den Behörden nach einer Heirat verdächtig erscheint, werden sie zu einer Anhörung geladen und getrennt voneinander befragt. „Unser Verfahren ist so ähnlich wie im Film ,Greencard‘“, sagt der Chef der Ausländerbehörde, Harald Bösch-Soleil. Wie ein solcher „Verdachtsfall“ genau aussehe, sei aber schwierig zu beschreiben. Jedoch gebe es bestimmte Anhaltspunkte: Die EhepartnerInnen sprechen beispielsweise keine gemeinsame Sprache, es besteht ein großer Altersunterschied, der gemeldete Wohnsitz stimmt nicht überein, die Trauung hat in einem angrenzenden Staat stattgefunden, oder die PartnerInnen kannten sich vor der Heirat nur sehr kurz. „Eine Anhörung wird aber nicht schon bei einem, sondern erst bei mehreren Anhaltspunkten durchgeführt“, sagt Bösch-Soleil.

Differieren die Angaben der EhepartnerInnen, so kann es auch zu Wohnungsüberprüfungen kommen, um festzustellen, ob tatsächlich eine eheliche Lebensgemeinschaft besteht. „Noch vor einigen Jahren kam die Polizei dann häufig morgens um fünf Uhr überfallartig in die Wohnung“, sagt Rechtsanwalt Peter Meyer. Heute hätten die PolizistInnen, die von einer speziell eingerichteten Arbeitsgruppe „Scheinehe“ des Landeskriminalamtes losgeschickt werden, Durchsuchungsbeschlüsse. Auch befragten sie jetzt häufiger Nachbarn und zeigten diesen Fotos von Verdächtigen.

„Die Tendenz, binationale Ehen genauer zu überprüfen, hat zugenommen“, sagt Peter Meyer. Insbesondere deutsch-türkische Ehen würden öfter überprüft. Harald Bösch-Soleil schätzt, daß jährlich 1.000 bis 1.500 Scheinehen geschlossen wurden, Tendenz steigend.

Die Aufdeckung dabei ist ziemlich erfolgreich: Rund 800 Personen bekommen einen Abschiebebescheid. 300 bis 400 Leute werden danach tatsächlich abgeschoben, der Rest tauche unter, sagt Thomas Spang, Inspektionsleiter beim Landeskriminalamt.

Nach Angaben von Spang hat die Polizei im vergangen Jahr 1.092 Strafverfahren wegen des Verdachts einer Scheinehe geführt. Im Vorjahr waren es dagegen nur 308. Jedoch beschäftige sich die AG „Scheinehe“ vorwiegend mit Ehen, die professionell organisiert wurden und wo Geldsummen zwischen 30.000 bis 60.000 Mark im Spiel sind.

Nach Angaben von Spang würden diese Summen für Frauen überwiegend aus Thailand und den GUS-Staaten gezahlt, die dann zur Prostitution gezwungen würden. Nach Angaben von Spang handele es sich um professionelle „Schlepperbanden“, die generalstabsmäßig arbeiteten.

Um Scheinehen, die aus nicht- kriminellen Gründen geschlossen wurden, kümmert sich die Arbeitsgemeinschaft deswegen nur selten: „Wir müssen diese zwar kraft des Gesetzes mitverfolgen“, sagt Spang, „aber bei der Bewertung unterliegen sie einer abgestuften Betrachtungsweise.“

Auch bei Ehen aus „humanitären“ Zwecken, die vor Abschiebung schützen sollen, spielt Geld oft eine Rolle. Summen zwischen 10.000 und 30.000 Mark werden dann fällig. Aber gerade Mitglieder antirassistischer Gruppen warnen: Besonders die Ehen, bei denen Geld im Spiel ist, werden häufig und schnell geschieden oder fliegen bei den Befragungen der Polizei auf. Julia Naumann