Nachspionieren gilt nicht

Rom (taz) – Wenn ein italienischer Ehepartner die Untreue seiner Frau mit Hilfe von Privatdetektiven feststellen läßt – oder umgekehrt –, so kann das Ergebnis dieser Recherche im Scheidungsverfahren dennoch nicht zur Feststellung der Schuld am Scheitern der Ehe verwendet werden. Das hat in einem Urteil der „Garant für die Privatsphäre“ festgestellt, der in Italien auch richterliche Funktionen ausübt.

Die Beauftragung eines Detektivs mit dem Ausschnüffeln des Partners oder der Partnerin, so die Begründung, „stellt seinerseits einen massiven Bruch jenes Vertrauens dar, auf dem sich die Ehe gründet“. Erst wenn der Partner bereits die Trennungs- oder Scheidungsabsicht bekanntgegeben hat, etwa durch Beauftragung eines Rechtsanwaltes, sind auch detektivische Recherchen über die Treue des Gespons zulässig.

Italiens Justiz entwickelt das Familienrecht weiter. Bereits Mitte vorigen Jahres hatte der Kassationsgerichtshof festgelegt, daß ein Seitensprung der Ehefrau nach entsprechend mieser Behandlung durch den Herrn Gemahl keinen ausreichenden Scheidungsgrund darstellt. Die Scheidung sei aber umgekehrt auch dann gerechtfertigt, wenn der Mann die Frau nicht sexuell betrogen, wohl aber in ihrem Eigenwert herabgesetzt oder anderweitig erniedrigt hat. Der neue Spruch ist nun ein weiterer epochaler Schritt in der Reformierung der Scheidungsrechtsprechung, die noch immer auf das Schuldprinzip begründet ist.

Frauenorganisationen begrüßen das Urteil überwiegend – tatsächlich haben Untersuchungen ergeben, daß im Schnitt mehr als 90 Prozent der Aufträge an Ehedetektive von Männern gegeben werden. Nur einige Parlamentarierinnen äußern Skepsis: „Oft hat ja gerade die Frau kaum Möglichkeiten, hinter ihrem untreuen Gatten herzulaufen, da ist der Detektiv für sie vielleicht die einzige Chance.“ Nichts da, sagt der Garant: Wer den anderen in so schwerem Verdacht hat, muß ihm dies erst mal direkt mitteilen „und ihm klarmachen, daß er das als Scheidungsgrund ansieht“. Werner Raith