: Mehr Abschiebungen, nur noch ein besetztes Haus
■ Bei seiner Halbzeitbilanz verwies Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) auf eine fast 40prozentige Zunahme von Abschiebungen. Er hält am 13. August als Termin für Gelöbnis fest
„Die Innenpolitik ist zum Bindemittel der Großen Koalition geworden“, erklärte Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) gestern bei der Präsentation seiner Halbzeitbilanz. In der Stadt habe sich ein „größeres Einverständnis herausgebildet“, was Innenpolitik zu leisten habe. Im Gegensatz dazu stünden nur die Grünen, die die Hauptstadt wollten, „ohne daß man etwas davon merkt“. Die PDS war dem Innensenator nicht einmal eine Erwähnung wert. Als Erfolg vermeldete Schönbohm, daß nur noch ein einziges besetztes Haus übrig sei. Das werde auch noch geräumt, sobald die rechtlichen Voraussetzungen vorlägen.
Zum aktuellen Streit um das Bundeswehr-Gelöbnis erklärte er, es gebe keinen Anlaß, vom 13. August abzurücken. Wenn Verteidigungsminister Volker Rühe allerdings den 10. oder 15. August vorschlage, werde in Berlin sicherlich niemand widersprechen, deutete er eine Lösungsmöglichkeit an.
Zur Bezirksreform erklärte Schönbohm, die vom Senat beschlossene Verringerung auf 12 Bezirke ab 1999 werde „so nicht lupenrein durchzusetzen sein“. Über zwei Auswege werde verhandelt: Entweder müsse von der Zahl 12 abgerückt werden oder es bleibe bei 12 Bezirken mit einem „Übergangsmodell“ bis zum Jahr 2004. Doch eine derartige Verschiebung des Vorhabens ist mit dem Koalitionspartner SPD nicht zu machen.
In der Ausländerpolitik verwies Schönbohm auf eine fast 40prozentige Steigerung bei Abschiebungen: Im vergangenen Jahr wurden 3.420 Ausländer abgeschoben, im Vorjahr waren es noch 2.446. Seinen Mißerfolg, die verstärkte Abschiebung bosnischer Flüchtlinge durchzusetzen, verklausulierte Schönbohm so: „Das ist im Senat kein Thema mehr.“ Dagegen erwiesen sich bei der Abschiebung von Vietnamesen die bürokratischen Regelungen des vietnamesisch-deutschen Regierungsabkommens als Hindernis: Als Resultat wurden 217 Vietnamesen abgeschoben. Die Weitergabe von Daten illegaler Ausländer durch die bezirklichen Sozialämter an die Polizei führte laut Schönbohm zu 12 Abschiebungen und 77 „aufenthaltsbeendenden Maßnahmen“. Allerdings widersetzen sich nach wie vor acht Bezirke der umstrittenen Datenübermittlung. Dorothee Winden
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