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: Fliege auf Wurstbrot

„Polizeiruf 110: Hetzjagd“, So., 20.15 Uhr, ARD

Ja, wie in aller Welt war es dem dicken Dietmar bloß gelungen, ungesehen aus dem „Blue Cat“ herauszukommen, obwohl die Schwabenpolizei vor dem Puff doch eigens zwei Beamte zur Bewachung abgestellt hatte? Und wieso konnte der geistig Schwerstbehinderte mit dem Pizza-Taxi anschließend so zielstrebig das Gehöft seines Freundes Wolfgang ansteuern, obwohl er da nie zuvor gewesen war? Nur, um sich da anschließend so spektakulär von Scharfschützen durchlöchern zu lassen, als hätte sich (gigantische Blutfontänen aus massigem Körper in Slomo!) Sam Peckinpah an einem schwäbischen Remake von „The Wild Bunch“ versucht?

Wissen wir alles nicht. Aber an dem Plot aus der Feder von Klaus-Peter Wolf und Friedhelm Zündel gab so manche Wendung Rätsel auf. Die mit Spannung allerdings nun gar nichts zu tun hatten. Fiel aber letztlich alles nicht sonderlich ins Gewicht. Das hatte mit Erich Bar zu tun, der diesen tapsigen Aua wieder mal ganz allerliebst gab. (Durfte Bar eigentlich je was anderes als einen tapsigen Aua spielen?) Und das hatte auch viel mit dem virtuosen Minimalismus einer Angelica Domröse als herrlich genervter Kommissarin zu tun. Wär aber alles noch nix gewesen, wenn nicht Regisseurin Ute Wieland und Kameramann Hagen Bogdanski aus dem x-ten Mißbrauchskrimi seit „Belgien“ so hemmungslos ein phantasievoll durchgeknalltes Lichtspiel gezaubert hätten.

Ob die nächtliche Pferdekoppel so hell erstrahlte, als sei da gerade ein Ufo gelandet, oder in Großaufnahme eine Fliege munter übers Wurstbrot trabte – stets bewegte sich die Bildsprache hier abseits der ausgelatschten Fernsehpfade. Dasselbe gilt für die Sounds („Musik“ würd's nicht ganz treffen), mit denen Ina Siefert das Ganze unterlegt hatte. Gewißlich schossen die Macher in ihrem Willen zur Originalität bisweilen übers Ziel hinaus, gerieten ihnen ein paar Unter- und Übersichten schon arg in die Nähe zum Geschmäcklerischen, und fraglos könnte man sie irgendwelcher David-Lynch-Plagiate überführen. Aber nun wollen wir nicht sofort wieder kleinlich nölen, sondern Mut zum Risiko ausdrücklich loben. Wenn dieses Team (vor und hinter der Kamera) mal ein richtig gutes Buch in die Finger bekäme, könnte diese Vera Bilewski ihrer Kollegin Bella Block ernstlich Konkurrenz machen. Reinhard Lüke