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Press-SchlagNur den Job erledigt

■ Der Karlsruher 3000-m-Hallenweltrekord ist für Haile Gebresilasie erst der Anfang

Als richtig durchgelüftet war, konnte die Jagd nach dem Weltrekord übers rostrote Tartan- Oval beginnen. 15 Runden à 200 Meter hatte Haile Gebresilasie da noch vor sich, genau 7.26,14 Minuten später den Weltrekord hinter sich. Um erstaunliche vier Sekunden hatte der Mann aus Äthiopien in der Karlsruher Europahalle die alte, von ihm selbst aufgestellte Bestmarke über 3.000 Meter verbessert.

Quasi auf Bestellung, denn vom Veranstalter angekündigt worden war der Rekordversuch schon Wochen zuvor. So gesehen hatte der nun achtfache Weltrekordler nur seinen Job gemacht, der am Ende mit einem Scheck über 46.000 Mark belohnt wurde.

Es war nicht der erste und wird auch nicht der letzte Batzen Geld sein, den Gebresilasie für seine Wundertaten auf der Bahn mit nach Hause schleppt. Die Meeting-Direktoren Europas haben die Telefonnummer seines Managers Jos Hermens eh dick angestrichen in ihren Adreßbüchlein. Weltrekorde sind das Salz in der Sportfest- Suppe, vor allem dann, wenn man sie bestellen kann – und damit schon im Vorfeld werben.

Solches tut auch der Läufer selbst in eigener Sache: „Dieses Jahr“, sprach Gebresilasie (24) also in Karlsruhe, „konzentriere ich mich ganz auf Rekorde.“

Hart und gut trainiert hat er dafür in den Hochländern seiner Heimat, erstmals vermehrt schnelle und knackige Läufe zwischen 50 und 300 Meter ins Übungsprogramm aufgenommen. Das soll ihm die nötige Standfestigkeit geben im Kampf um die Rückgewinnung seiner verlorenen 5000-m- und 10.000-m-Weltrekorde.

Bald werden auch andere Athleten Afrikas eingreifen; schon am Sonntag in Stuttgart der Kenianer Daniel Komen beispielsweise, der Gebresilasies 5000-m-Zeit verbesserte und der erstmals überhaupt in der Halle läuft, trotzdem aber Weltrekord angekündigt hat – über 3.000 Meter.

Die Jagd nach Bestmarken in der weltmeisterschafts- und olympiafreien Zeit hat begonnen, Gebresilasie sieht ihr gelassen entgegen. „Wenn meinen Rekord in der nächsten Zeit niemand bricht“, kündigte er schon kurz nach den 3.000 Metern von Karlsruhe an, „versuche ich es selbst noch mal.“ Wenn ihn einer bricht, wird er es sowieso tun.

Und Dieter Baumann vielleicht wieder einigermaßen abweisend reagieren, wenn er nach den Dimensionen solcher Weltrekorde befragt wird. „Ich sehe mich immer noch als Konkurrent und werde einen Teufel tun, diese Leistung zu verherrlichen“, umschrieb er jene Gedanken, die ihm bei Bestmarken wie der von Karlsruhe in den Sinn kommen. Kein anderer Europäer spürt den afrikanischen Laufwundern mehr nach als der Olympiasieger aus Tübingen, der erst vor wenigen Tagen zurückgekehrt ist von seinem zweiten Kenia-Trip.

Vier Wochen hat er dort, nordwestlich von Nairobi, gelebt und vor allem trainiert wie die einheimischen Sportler, sich in gemeinsamen Einheiten mit ihnen gemessen. Mehr Respekt als beim ersten Aufenthalt haben sie ihm diesmal entgegengebracht, was Baumann daran erkannt haben will, „wie die sich mit mir unterhalten haben“. In Karlsruhe lief er einen ersten Test über 1.500 Meter, als „gut, aber nicht gut genug“, bezeichnete er die 3.38,34 Minuten, die dabei herauskamen und ihn hinter dem Russen Shabunin auf Rang zwei brachten.

Dennoch glaubt Baumann (32), daß er in Kenia eine gute Grundlage gelegt hat, „für das, was noch kommt“, womit er die EM im Sommer meint, bei denen er einen Doppelstart über 5.000 und 10.000 Meter im Visier hat. Daß Gebresilasie dort Weltrekord läuft, steht übrigens nicht zu befürchten. Frank Ketterer, Karlsruhe

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