Schwache Vorschläge für neue Gespräche in Chiapas

■ Mexikos Innenminister Labastida stellt eine neue Friedensinitative für Chiapas vor. Die Regierung steckt in einem massiven Konflikt mit dem mehrheitlich oppositionellen Parlament

Berlin (taz) – Mexikos Innenminister Francisco Labastida hat am Montag einen neuen Plan zur Lösung des Konfliktes im Bundesstaat Chiapas vorgestellt. Der Dialog zwischen der zapatistischen EZLN-Guerilla und der Regierung, der seit weit über einem Jahr abgebrochen ist, solle wiederaufgenommen werden, sagte Labastida vor Abgeordneten. Die Zapatisten hatten seinerzeit sich aus den Verhandlungen mit der parlamentarischen Verhandlungskomission Cocopa zurückgezogen, weil ein bereits ausgehandeltes Abkommen über Indianerrechte und Autonomie von der Regierung nicht ratifiziert worden war.

Die Regierung hatte insgesamt 27 Punkte des Abkommens kritisiert. Innenminister Labastida erklärte jetzt, man sei bereit, die Bedenken gegen 23 dieser Punkte beiseite zu legen – müsse allerdings über die verbleibenden 4 Punkte, die allesamt die Autonomie der indigenen Gemeinden betreffen, neu verhandeln. Alternativ schlägt er vor, die Verhandlungen auf der Grundlage eines zweiten Papiers wiederaufzunehmen, das angeblich von den damaligen Mitgliedern der Cocopa erarbeitet worden ist. Das aber kennt niemand im Wortlaut – und zumindest die oppositionelle PRD bestritt, daß es überhaupt existiert.

Als neue Friedensinitiative stellte der Innenminister dann eine Reihe von Maßnahmen vor, die allesamt so neu nicht sind: Alle Gruppen sollten entwaffnet werden, die Ermittlungen zum Massaker von Acteal, bei dem Ende Dezember 45 Zivilisten getötet worden waren, sollen weitergeführt werden, die Polizei in Chiapas soll restrukturiert werden, Straßenblockaden sollen geräumt werden. Die nach den letzten Wahlen entstandenen Parallelverwaltungen in einigen Bezirken, wo die offizielle Verwaltung von der Staatspartei PRI und eine zweite, inoffizielle von der linken PRD geleitet wird, sollen abgeschafft werden.

Während Menschenrechtsorganisationen in Chiapas, ebenso wie die Zapatistas, eine Demilitarisierung fordern, blieb Labastida bei der Regierungsposition, das Militär spiele in Chiapas eine positive Rolle. Tatsächlich hatten die Streitkräfte in den Wochen nach dem Massaker von Acteal mit massivem Truppeneinsatz eine große Anzahl zapatistischer Dörfer durchsucht und die BewohnerInnen eingeschüchtert.

Es darf bezweifelt werden, daß das neue Angebot von Labastida tatsächlich zu einem neuen Dialog führt. Die Regierung, seit den Parlamentswahlen vom Juli vergangenen Jahres in der Nationalversammlung in der Minderheit, trägt seit Wochen einen massiven Streit mit der Legislative aus. Die Initiative Labastidas, so scheint es, richtet sich eher an die Parlamentarier als an die Guerilleros. Bernd Pickert