SAP überrascht Kritiker und Beobachter

Umsatz der weltweit bekannten Software für Firmen aller Art steigt um zwei Drittel in einem Jahr, totgesagte Programme sind weiter ein Renner. Und selbst die Asienkrise ist eher ein Vorteil, meinen die Badener  ■ Von Niels Boeing

Berlin (taz) – Die deutschen Software-Könige der SAP AG konnten 1997 zu einem ungeheuren Höhenflug abheben. Der Jahresumsatz stieg gegenüber 1996 um 62 Prozent auf 6,02 Milliarden Mark. Die Steigerung fiel damit doppelt so hoch aus wie von SAP ursprünglich veranschlagt. SAP aus Walldorf in Baden führt mit großem Vorsprung den Weltmarkt für Software an, mit der Unternehmen ihre Betriebsabläufe wie Produktion, Buchhaltung und Personalmanagement verwalten.

Auch die Aktionäre von SAP können lachen: Ihr Gewinn pro Aktie übertrifft mit 8,86 Mark sämtliche Erwartungen. Der Unternehmensgewinn stieg auf 924 Millionen Mark. Kein Wunder, daß SAP unter diesen Umständen eine gut geölte Job-Maschine ist: Zusätzlich zu den rund 3.400 Neueinstellungen im letzten Jahr will das Unternehmen im kommenden Jahr weltweit 5.000 weitere Jobs schaffen.

Dabei ist es noch gar nicht lange her, daß SAP eine düstere Zukunft vorausgesagt wurde. Die SAP-Aktie, jetzt über 600 Mark, dümpelte bei 200 Mark vor sich hin, und Analysten rieten vom Kauf ab. Das SAP-Hauptprodukt, das Programmpaket R/3, sei über kurz oder lang überholt und nicht modernisierbar, sagten Computerexperten. Das Bombenergebnis des letzten Jahres zeigt, daß bei dem größten Softwarehersteller Europas einiges passiert ist.

„SAP hat begonnen, seine Probleme zu lösen“, sagt Peter Thilo Hasler, Analyst der Vereinsbank. So biete das Unternehmen zunehmend branchenspezifische Varianten seiner Software an. Erfahrungen in den USA hätten gezeigt, daß für kleine und mittelständische Unternehmen die Implementierung der Programmpakete nicht schnell genug vorangegangen sei. Bis das System erfolgreich eingesetzt werden konnte, hätte es bereits zu hohe Kosten verursacht. Ergebnis war „Accelerated SAP“, eine Version der Software, die speziell auf die Bedürfnisse kleinerer Unternehmen zugeschnitten ist. Und das totgesagte Programmsystem R/3, mit dem SAP fast 60 Prozent seines Gesamtumsatzes erzielte, sei im Dezember in einer neuen Version auf den Markt gekommen, so Hasler.

Neben diesen Produktverbesserungen brachte die Abwertung der D-Mark im letzten Jahr ein hübsches Umsatzplus von 423 Millionen Mark ein. Von der Asienkrise hingegen hat SAP bislang nichts gespürt. Dort stieg der Umsatz sogar um 61 Prozent. Vorstandssprecher Dietmar Hopp ist optimistisch, daß das Asiengeschäft weiterhin blüht. Denn bedrängte Firmen würden häufig ihre Informationstechnik modernisieren, um im Wettbewerb zu bestehen.