Opi und sein Synthie

■ Zwischen Spätromantik und Post-Punk: die fünf vermoosten Bärte von Grandaddy

Rein optisch lassen Grandaddy wenig Zweifel an der Stimmigkeit ihres Namens: fünf schlunzige Gestalten mit vermoosten Bärten und klobigen Kutten erstarren in professioneller Abgeklärtheit. Fast scheint es, als wären diese Typen im Schlamm von Woodstock steckengeblieben und eins geworden mit der Vergangenheit. Gichtige Rocker auf einem Endlostrip In-A-Gadda-Da-Vida.

Aber natürlich trügt der Schein. Grandaddy sind Kinder der Siebziger, und Jason Lytles falsettartiges Stimmchen zählt gerade mal 25 Lenze. Nur an den Bärten lohnt es, sie zu zupfen, die sind nämlich echt. Zeit zum Wachsen ließ man ihnen in Modesto, Kalifornien, einer eher bescheidenen Gegend, wo sonst Obstbäume blühen. Will man von hier zum Baden ans Meer, landet man schnell in San Francisco oder im Silicon Valley. Grandaddy bleiben da lieber zu Hause.

In dieser kulturellen Einflugschneise aus Lo-fi und Hi-tech gelang ihnen letztes Jahr eine recht eigentümliche Standortbestimmung. Ihr Debüt-Album Under The Western Freeway ist ein Hybride aus hippiesker Spätromantik und Post-Punk, dem Electric Light Orchestra und den Pixies. Versponnene Rockphantasien enden meist in krachenden Hooklines, Kindermelodien erwachsen aus billigen Casio-Orgeln zu hymnischem Stadionrock. Grandaddy geben sich dabei bewußt orchestral – und wissen dennoch um die Lächerlichkeit eines solchen Unterfangens. Au-thentizität ist ihre Sache nicht, freimütig fordern sie deshalb „We need orchestrareal.“Bedeutungsschwangere Titel wie „Collective Dreamwish Of Upper Class Elegance“lassen zudem eine Portion gesunden Humors erkennen.

Der Blues des einsamen weißen Mittelklasse-Slackers findet so doch noch Trost im kollektiven Hippie-Traum vom Gitarrengezirpe unter freiem Himmel. Fünf Opis im Garten des Lebens.

Michael Hess

So, 1. Februar, 21 Uhr, Logo