Wir lassen lesen
: Von kleinen Männern und lokalen Helden

■ Jetzt wird schon über Arminia Bielefeld und den Aufsteiger VfL Wolfsburg publiziert

Noch ist die Historisierungswelle im Fußball nicht ausgelaufen. Im Gegenteil: Sie schwappt gar weiter von den Großen und Erfolgreichen zu den Local heroes. Also: Nicht mehr allein Bayern München und Borussia Dortmund, Schalke 04 und der 1. FC Kaiserslautern erwecken publizistisches Interesse, nun wird auch dem DSC Arminia Bielefeld sein Geschichtsbuch geschrieben. Der Stoff scheint bescheiden, auch wenn der Verlag ihn durch den Titel der Reihe „Große Traditionsvereine“ zu adeln versucht.

Aber aus Bielefeld gibt es keine Meisterfeiern zu berichten, sieht man vom Gewinn des Titels eines Westfalenmeister 1990 ab. Gerade zwei Nationalspieler sind zu bestaunen, von denen einer im Mai 1923 debütierte und es sich beim anderen um den späten Stefan Kuntz handelt. Dafür sind die Fast- Bankrotte fast so häufig wie die Anzahl der Jahre in der Drittklassigkeit. Und das waren immerhin sieben, in denen die Helden Studtrucker und Ridder hießen, deren Ruhm nie weiter als Warendorf reichte.

Doch gerade deshalb macht es Spaß, „Ein Verein will nach oben“ zu lesen. Denn der Mangel an Ruhm und das Leben im Fahrstuhl zwischen den Ligen macht Arminia Bielefeld zu einem leidlich mythenfreien Klub. Kein Glanz und wenig Überbau blendet beim Blick auf die Mühen eines Vereins in der Mittelmäßigkeit oder noch diesseits davon.

So werden die Bielefelder Geschichten beispielhaft für viele vergleichbare Klubs: Wie aus hochfliegenden Planungen schnell Finanzierungslücken und daraus etwa der Bundesligaskandal möglich wurde. Wie gewurschtelt und gerungen wird für ein wenig Glamour in der Provinz, und daß Vereinsgeschichte doch zumeist die von kleinen Männern ist beziehungsweise gelegentlich großer – und heißen sie auch Rüdiger Lamm.

Das alles erzählen die Autoren Kirschneck und Linnenbrügger aus der Position teilnehmender Beobachtung, also aus der von Fans, mit viel Liebe zum Detail und zugleich humorvoll. Weshalb man selbst die traurigen Geschehnisse des verpaßten Zweitligaaufstiegs 1989 (durch ein 1:2 beim VfB Rheine am letzten Spieltag wurde Preußen Münster aufgrund des vier Treffer besseren Torverhältnisses Erster) noch gerne liest. Es ist ein liebevoll gemachtes Buch, wie es auch die KSCs, Rot-Weiß Essens oder Fortuna Düsseldorfs dieser Welt noch vertragen könnten.

Bester Satz: „Der Aufstieg wurde verklärt wie eine unerreichbare Liebe, mit all den Irrationalitäten, die in solchen Fällen dazugehören.“

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Schlichtweg überflüssig ist „Der Aufsteiger“, ein Buch zur Promotion des VfL Wolfsburg in die Bundesliga. Die vielen Farbfotos überdecken die mangelnde inhaltliche Substanz nicht. Routiniert werden die erfolgreiche Vorsaison, „die Macher“ des Aufstiegs, Sponsoren und Spieler abgehakt. Das historische Kapitel ist ganze 20 Seiten lang, und der Text besteht aus fix heruntergedroschenen Plattheiten.

Bester Satz: „Wildfremde Menschen lagen sich jubelnd in den Armen.“ Christoph Biermann

Jens Kirschneck, Klaus Linnenbrügger: „Arminia Bielefeld. Ein Verein will nach oben“. Die Werkstatt, 350 Seiten, 39.80 DM

Hans-Günter Klemm, Jörg Brokmann: „VfL Wolfsburg. Der Aufsteiger“. Die Werkstatt, 168 Seiten, 34 DM