Rekordstrafe für VW

■ Der Autokonzern ist nur der erste: Andere werden ebenfalls von der EU abgestraft

Hannover (taz) – Ein Rekordbußgeld aus Brüssel verhagelt die Bilanz von Volkswagen. Rund 200 Millionen Mark soll der Volkswagen-Konzern zahlen, weil er Reimporte seiner Fahrzeuge aus anderen EU-Ländern nach Deutschland untersagt hat. Mit der hohen Geldbuße will die EU-Kommission, deren offizielle Entscheidung gestern nachmittag noch ausstand, nach den Worten ihres Wettbewerbskommissars Karel van Miert ein Zeichen gegen die Behinderung des freien Warenverkehrs setzen. Für eine solche Behinderung hat die Kommission bisher noch nie eine Strafe in dieser Größenordnung verhängt.

Der Wettbewerbskommissar kündigte bereits gestern weitere Geldbußen gegen andere Autokonzerne an. Das Bußgeld gegen VW werde nicht das einzige bleiben, sagte van Miert. Dem Vernehmen nach untersucht die EU- Kommission gegenwärtig auch die Vertriebspraktiken von Daimler- Benz und Opel. Zunächst unbestätigt blieben gestern Meldungen, wonach VW auch das Recht auf ein exklusives Vertragshändlernetz für die Länder Deutschland, Italien, Österreich, Dänemark und Holland verlieren soll.

Der Volkswagenkonzern, der gestern vor der offiziellen Entscheidung in Brüssel noch keine Stellungnahme abgab, hatte in den vergangenen Tagen vor allem sein Vertragshändlernetz öffentlich verteidigt. Das Recht, ein solches Netz zu unterhalten, könne nach den einschlägigen Vorschriften nicht für zurückliegende Verstöße aberkannt werden, hatte VW schon vorbeugend geltend gemacht.

Nach der Lesart des Autokonzern hat es nie Verstöße gegen EU-Recht im VW-Vertrieb gegeben. Wenn es sie doch gegeben haben sollte, sind diese nach Ansicht von VW spätestens Ende 1996 abgestellt worden. Dabei beruft sich das Unternehmen darauf, daß es seine Vertragshändler in der EU mehrfach offiziell aufgefordert hat, Reimporte von einzelnen Fahrzeugen über die Ländergrenzen hinweg nicht zu behindern. Nur gewerblichen Wiederverkäufern habe man etwa den Einkauf von Autos in Italien für den deutschen Markt nicht gestattet, sagte ein VW-Sprecher.

In ihren mehrjährigen Ermittlungen gegen VW sollen der EU- Kommission allerdings bei mehreren Durchsuchungen geheime Dokumente in die Hände gefallen sein, die der offiziellen VW-Darstellung widersprechen. Demnach haben VW-Vertragshändler systematisch auch Privatkunden, die beim Autokauf die Preisdifferenzen zwischen unterschiedlichen Ländern nutzen wollten, nicht beliefert. Bei der EU-Kommission sind auch zahlreiche Beschwerden von deutschen Kunden eingegangen, die etwa ihren Golf nicht in Italien kaufen durften.

Zu der EU-Ankündigung weiterer Strafen hieß es bei BMW in München, die Händlerverträge basierten auf EU-Recht. BMW bemühe sich im übrigen um eine EU- weite Harmonisierung seiner Preise. Jürgen Voges