Kommentar
: Ein bißchen Freiheit

■ Iran: Eine Ausreiseerlaubnis für Sarkuhi wird auf sich warten lassen

Sarkuhis Name steht für die Intellektuellen im Iran und im Ausland als Beispiel, wie der Geheimdienst mit kritischen Autoren umgeht und was von der Gerichtsbarkeit der Islamischen Republik zu halten ist. Der „Fall Sarkuhi“ entwickelte sich von Beginn an auch zu einem außenpolitischen Problem, weil der iranische Geheimdienst laienhaft versuchte, die Bundesrepublik in die Sache zu verwickeln. Im In- und Ausland war man sich schnell einig, daß sich an der Behandlung Sarkuhis die Glaubwürdigkeit des neuen Präsidenten Chatami zeigen würde. Schließlich hatten viele vor der Wahl befürchtet, Sarkuhi könnte wegen Spionagetätigkeit angeklagt und zum Tode verurteilt werden. So gesehen, verdankt Sarkuhi sein Leben den 20 Millionen Wählern Chatamis.

Wir wissen nicht, ob Sarkuhi am Tag seiner Freilassung bereits registrieren konnte, daß sich seine Heimat während der einjährigen Haft gründlich verändert hat. Im Iran herrscht im Moment eine Aufbruchstimmung, die manche Iraner euphorisch mit einer neuen Revolution vergleichen. Das ist sicherlich eine Übertreibung. Tatsache bleibt aber, daß sich seit Chatamis Amtsübernahme die Zahl der Zeitungen und Zeitschriften mehr als verdoppelt hat. Inhaltlich sind diese viel kritischer als Sarkuhis Zeitschrift Adineh. Tatsache ist auch, daß Chatami derzeit mit aller Kraft versucht, die außenpolitische Isolation des Iran zu überwinden. Die Meldung dieser Tage, die EU wolle einen Neuanfang mit dem Iran wagen, zeigt die Ernsthaftigkeit, mit der Chatami die Außenpolitik umkrempeln will. Ein Präsident, der als geistlicher Schiit für den Dialog der Kulturen plädiert, wäre unglaubwürdig, wenn ein Schriftsteller wie Sarkuhi in Haft bliebe, nur weil er sich unter anderem mit dem Kulturattaché der Deutschen Botschaft getroffen hatte.

Ob Sarkuhi künftig als Journalist arbeiten kann, ist fraglich. Er ist inzwischen ein Politikum. Alles, was er sagt und schreibt, wird genau beobachtet werden. Weil er gleichzeitig im Ausland vieles aus seiner Haftzeit erzählen könnte, wo man ihm genau zuhören würde, da sein Name auch hier vieles assoziiert, wird er wahrscheinlich für längere Zeit mit Ausreiseverbot belegt. Aus diesem Grund verdankt Sarkuhi sein Leben auch dem Engagement derjenigen, die sich in Europa, vor allem in der Bundesrepublik, für ihn einsetzten. Ali Sadrzadeh

Der Autor ist Redakteur beim Hessischen Rundfunk