„Kehre als Sieger heim, dann wird hier ausgefegt“

Nach dem Abitur und einer Ausbildung zur medizinisch-technischen Assistentin heiratete Eva Wehlan im Juni 1937 den SS-Hauptsturmführer und Arzt Friedrich Mennecke. Das Paar wohnte in einer Dienstwohnung in Eichberg, wo Friedrich Mennecke zunächst als Oberarzt, von Januar 1939 als Direktor der Heil- und Pflegeanstalt tätig war. Vom Januar 1940 bereiste Friedrich Mennecke als Gutachter im Rahmen des „Euthanasie“-Programms psychiatrische Anstalten und Konzentrationslager und bestimmte, welche der ihm vorgeführten Patienten und Häftlinge getötet werden sollten.

In dieser Zeit schrieb sich das Ehepaar täglich lange Briefe, in denen die alltäglichen Verrichtungen detailliert mitgeteilt und überschwenglich-sentimentale Liebesbekundungen ausgetauscht wurden. Darin schilderte Dr. Mennecke so beiläufig wie offen seine „Arbeit“. Aus den Briefen Eva Menneckes geht hervor, daß sie ihren Mann nicht nur emotional unterstützte, sondern selbst auch als Sekretärin der Anstalt Vorarbeiten für die Selektion von „Euthanasie“-Opfern leistete.

Immer wieder berichtete sie ihrem „Herrchen“ (O-Ton) voller Stolz, daß sie fleißig und „mit Hochdruck“ viele Stunden lang Gutachten und Meldebögen getippt habe. An die Tatsache, daß es sich dabei oft um Todesurteile für die begutachteten Anstaltspatienten handelte, verschwendete sie keinen Gedanken. Ihr Mitgefühl konzentrierte sich um so vehementer auf den Ehemann: „Ich funke Dir Mu-Küsse durch den dichten Nebel zu, ob sie Dich wohl finden werden? Wie mag es Dir gehen, Mausi? Bist Du mir auch nicht krank?“

Voller Anteilnahme erkundigte sie sich nach dem Fortgang seiner „Arbeit“ und nach seinem Wohlbefinden: „Nun, da bist Du abends immer allein, und dann noch dazu in keinem gemütlichen Hotel. Nun, hoffentlich werdet Ihr bis Ostern fertig. Wie kommt Ihr denn ins K.Z., zu Fuß, per Auto oder wie? – Verlief die letzte Nacht ohne Störung?“

In Buchenwald, so ihr Eindruck, „schien es nicht so nett zu sein wie anderswo“, weil man ihrem Mann dort so viele Essensmarken für die Verpflegung abverlangte. Nur ausnahmsweise ängstigte sie sich um andere Menschen, zum Beispiel, wenn sie von ihrer Sorge schrieb, daß „der Führer“ oder Göring bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kommen könnten.

Des öfteren besuchte Frau Mennecke ihren Mann. Im Juli 1942 erklärte sie sich bereit, wegen des kriegsbedingten Personalmangels ehrenamtlich medizinisch-technische Untersuchungen zu übernehmen. Sie berichtete ihrem Mann über die geplante Umfunktionierung einer psychiatrischen Anstalt zu einer „Euthanasie“-Institution. Eichberg, wo Eva Mennecke zu diesem Zeitpunkt noch immer lebte und arbeitete, sollte, so geht aus dem Brief hervor, aus besagter Anstalt diejenigen Patienten übernehmen, die nicht zur Tötung vorgesehen waren, und so dazu beitragen, daß in der Mordanstalt Platz für die „Euthanasie“-Opfer geschaffen wurde.

Mitunter berichtete sie ihrem Mann von Mißgunst und Egoismus unter den Arbeitskollegen in Eichberg: „Auch Du, Liebstes, sei froh, daß Du draußen bist, und daß Du für eine größere und gerechtere Sachen kämpfen kannst. Kehre als Sieger heim, und dann wird hier ausgefegt.“

Friedrich Mennecke wurde 1946 im sogenannten Eichberg-Prozeß zum Tode verurteilt, beging jedoch noch in der Haft Selbstmord. Im Herbst 1945 war Eva Mennecke kurzfristig inhaftiert, jedoch schon bald wieder freigelassen worden, da ihr die Beteiligung an der Gutachtertätigkeit ihres Mannes nicht nachgewiesen werden könne. SH