Bombenanschlag auf Abtreibungsklinik in USA

■ Getöteter Wachmann ist das sechste Opfer militanter Abtreibungsgegner in fünf Jahren

Washington (taz) – Die Bombe, die am Donnerstag vor einer Abtreibungsklinik in Birmingham/ Alabama explodierte, war nicht der erste Anschlag gegen eine Abtreibungsklinik – 195 hat es gegeben, seit die US-Polizei sie 1982 zu zählen begann. Der Polizist, der in seiner Freizeit nächtens die Klinik bewachte, ist das sechste Todesopfer militanter Abtreibungsgegner. 1993 wurde der Abtreibungsarzt David Gun vor einer Klinik in Pensacola, Florida, von dem Abtreibungsgegner Michael Griffith gezielt erschossen. Es folgten vier weitere Morde und mehrere Mordanschläge auf Abtreibungsärzte.

Der Bombenanschlag vom Donnerstag folgte im Wochenabstand auf den 25. Jahrestag jenes Urteils des Obersten Gerichts, das 1973 den Frauen ein Recht auf Abtreibung zubilligte. Im ganzen Land wurde der Tag mit Demonstrationen von Abtreibungsgegnern begangen.

Denn mit dem damaligen Urteil war die emotionsgeladene und ideologisierte Abtreibungsdebatte um Abtreibung keineswegs beendet. Im Gegenteil, seit Anfang der 80er Jahre die „Operation Rettung“ ihre Aktionen gegen Abtreibungskliniken in Wichita Falls, Kansas, begann, hat sich die Anti- Abtreibungsbewegung zur größten und dauerhaftesten Protestbewegung in der Geschichte der USA ausgeweitet.

Sie sah sich ihre Methoden von der Bürgerrechtsbewegung der 60er Jahre ab und beschränkte sich ursprünglich auf zivilen Ungehorsam und gewaltlosen Widerstand. Abtreibungsgegner ketteten sich an die Pforten von Abtreibungskliniken oder veranstalten vor den Kliniken Sit-in-Gebete, so daß Patientinnen auf ihrem Weg zum Abtreibungstermin gezwungen waren, über die Körper der Demonstranten zu steigen.

Die Bewegung fand ihre politische Repräsentation. Die Mehrheitsverhältnisse in den Staatsparlamenten sowie im Kongreß begannen sich zu ändern, und heute sind wichtige politische Entscheidungen Geiseln der Abtreibungsgegner. Die Bewilligung von Geldern für die Zahlung der US- Schulden an die UNO sowie für den Internationalen Währungsfonds scheiterten am Widerstand der Abtreibungsgegner, die fürchteten, daß aus diesen Mitteln letztlich auch Geburtenregelung per Abtreibung finanziert werden könnte.

Der gewaltlosen Bewegung ist längst ein militanter Flügel zugewachsen, der seine Einsätze als notwendige Gewalt zur Beendigung eines „Holocausts an den Schwächsten“ begreift. Das National Right To Life Committee hat sich – wie schon von früheren militanten Aktionen – von dem Anschlag in Birmingham distanziert. Peter Tautfest