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: Spinne im Karton

„Teneriffa – Tag der Rache“, Teil I und II, Samstag und Sonntag, jeweils 20.15 Uhr, ZDF

Sandra ist die Freundin von Thomas, sie kommt aus Spanien und lernt seit kurzem Deutsch, weswegen sie gerne „Derrick“ schaut: „Da verstehe ich alles“, sagt sie begeistert. Von der ersten Episode des Zweiteilers „Teneriffa – Tag der Rache“ war sie ebenso angetan. Der Film habe etwas mit ihrer Heimat zu tun, und er sei „so schön langsam“.

Bei dieser Art gemächlicher Inszenierung, in der jedes Problemchen fünfmal wiederholt wird, da bekomme wenigstens sie „alles mit“, sagt sie ganz begeistert.

Deswegen war Sandra auch besonders kritisch. Sie konnte zwar die Dialoge verstehen – bis auf das Wort „Unterbewußtsein“. Unverständlich blieb ihr aber, wieso ein hochbezahlter Chirurg seine gute Stellung aufgibt, um mit einer Frau nach Teneriffa auszuwandern, die unablässig herumnörgelt und die dazu auch noch ein einziges Nervenbündel ist.

Ich erklärte ihr, das hänge mit dem „Unterbewußtsein“ zusammen. Sie sagte „ach so“, aber plausibel schien es ihr nicht zu sein.

Uverständlich war es für Sandra auch, daß der trottelige Chirurg nichts dagegen unternahm, als seine Frau ständig von diesem Spanier bedrängt wurde. Über das Klischee des Spaniers hat Sandra am meisten gelacht: „Immer feurig“.

Beim zweiten Teil ließ Sandras Interesse dann doch sichtlich nach. Sie blätterte nebenher ständig in der Fernsehzeitschrift und deutete bei der Beschreibung von „Teneriffa – Tag der Rache“ auf das Wort „Psychoterror“, das sie nicht verstand. Ich erklärte ihr, Psychoterror sei es, wenn ein Pauschalreisender eine Vogelspinne im Pappkarton aufbewahrt, um eine Ärztin nach Teneriffa zu verfolgen, die nach einem vermeintlichen Kunstfehler am Tod seiner Ehefrau schuld sein soll.

Dann ist „Psychoterror“ also ein Synonym für „Langeweile“? fragte Sandra und schlug sogleich ihr Vokabelheft auf, um das neue Wort zu notieren.

„Nein!“ mischte sich jetzt Thomas ungeduldig ein. „Langeweile“ ist, wenn die die ganze Zeit über auf Teneriffa herumgurken und so tun, als ob das Psychoterror sei.“ Sandra hatte nicht zugehört, denn nun kam wieder eines dieser touristischen Landschaftsbilder von der spanischen Vulkaninsel, die sie sehr mochte. Manfred Riepe