Parteiengezänk um eine Bestrafung der Mörder

■ Parlamentssitzung in Argentinien über die Aufhebung der Amnestiegesetze endet mit Skandal

Berlin (taz) – Noch bevor sie überhaupt richtig begonnen hatte, ist am Mittwoch eine Sitzung des argentinischen Abgeordnetenhauses aufgehoben worden. Die Parlamentarier wollten über Initiativen zur Aufhebung zweier Gesetze beraten, die für die jüngste argentinische Geschichte entscheidend sind: das sogenannte Schlußpunktgesetz und das Gesetz über den Befehlsnotstand. Beide zusammen begründen die Straflosigkeit und Amnestie der für schwerste Menschenrechtsverletztungen und Morde während der letzten Diktatur zwischen 1976 und 1983 verantwortlichen Militärs. Die Gesetze waren während der Amtszeit des Präsidenten Raúl Alfonsin erlassen worden, dessen Radikale Bürgerunion (UCR) heute zusammen mit der moderat-linken Frepaso eine Oppositionsallianz gegen die regierenden Peronisten des Präsidenten Carlos Menem bildet.

Nachdem vor wenigen Wochen der Exmilitär Alfredo Astiz, einer der bekannten Mörder, sich öffentlich mit seinen Taten gebrüstet hatte, hatten zwei Frepaso-Abgeordnete eine Initiative eingebracht, die beiden Gesetze aufzuheben. Präsident Menem sprach sich dagegen aus und kündigte an, einen solchen Beschluß per Veto zu stoppen. Im Abgeordnetenhaus stellt die Opposition die Mehrheit, im Senat die Peronisten – die prompt versicherten, auch dort habe die Initiative keine Chance.

An einer Diskussion aber hatte die Regierung dennoch Interesse – in der Hoffnung auf eine Spaltung der Oppositionsallianz. Tatsächlich brauchte die fast den ganzen Mittwoch, um eine einheitliche Position zu den Gesetzen zu finden. Während Partei- und Fraktionsspitzen noch außerhalb des Saales verhandelten, hob der peronistische Parlamentspräsident die Sitzung wegen mangelnder Beschlußfähigkeit auf – was von den vor den Toren demonstrierenden Menschenrechtsgruppen als Skandal angeprangert wurde.

Führende PolitikerInnen der Opposition sind dennoch zuversichtlich: Es sei, sagte die Frepaso- Abgeordnete Graciela Fernández Meijide, innerhalb der Allianz ein Kompromiß gefunden worden, die beiden Gesetze aufzuheben und den Militärstrafkodex zu verändern. Die Debatte geht weiter. pkt