Nigeria will Sierra Leones Militärjunta stürzen

■ Schwere Kämpfe zwischen Armee und Eingreiftruppe nahe Sierra Leones Hauptstadt

Berlin (taz) – Kaum geht das Mandat der von Nigeria geführten westafrikanischen Eingreiftruppe „Ecomog“ in Liberia zu Ende, bricht im benachbarten Sierra Leone Krieg aus. Nigerianische Einheiten sind nach heftigen Kämpfen an den östlichen Rand der sierraleonischen Hauptstadt Freetown vorgerückt. Sie wollen dort offenbar die Militärjunta unter Major Johnny Koroma stürzen, die sich im vergangenen Mai an die Macht geputscht hatte. Die neue Eskalation droht das im Oktober 1997 ausgehandelte friedliche Ende des Militärputsches in Sierra Leone zunichte zu machen. Damals hatten die Putschisten mit der westafrikanischen Regionalorganisation „Ecowas“ (Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft) unter Druck eines Wirtschaftsembargos vereinbart, bis April 1998 die Macht wieder abzugeben und dafür straffrei zu bleiben.

Der nigerianische Kommandeur in Sierra Leone, Maxwell Khobe, rief die Junta unter Koroma am Wochenende zum Rücktritt auf. „Würden die ehrenwerten Gentlemen unter euch bitte einfach die Stiefel anziehen und sich auf den Weg in andere Länder machen“, erklärte Khobe.

In Sierra Leone sind etwa 5.000 Truppen aus Nigeria und Guinea stationiert, zumeist in zwei Orten nahe der Hauptstadt Freetown – der Militärbasis Jui und dem internationale Flughafen Lungi. Sie setzen das westafrikanische Handelsembargo gegen Sierra Leones Junta durch, teils mit Luftangriffen auf Handelsschiffe. Nigeria will diese Truppen nun auch durch die 10.000 Soldaten der aus Liberia abziehenden „Ecomog“-Eingreiftruppe verstärken. Dies wird mit der Notwendigkeit begründet, humanitäre Hilfe für die Zivilbevölkerung zu ermöglichen.

Für die neuen Kämpfe machen sich beide Seiten gegenseitig verantwortlich. Die Junta sagt, zuerst habe Nigeria aus Jui heraus Freetown beschossen. „Wir hatten keine andere Wahl, als die nigerianischen Truppen in Jui zu beschießen, und die Kämpfe haben sich nun auf drei Gebiete ausgeweitet“, sagte ein Kommandant der sierraleonischen Armee. Der nigerianische Kommandeur Khobe meinte dagegen, seine Einheiten seien angegriffen worden und würden nun den Feind „ausräuchern“.

Kurz vor Beginn der Kämpfe hatte die Junta in Sierra Leone ihre Armee in höchste Alarmbereitschaft versetzt. Zugleich gab sie bekannt, in Kanada sei ein thailändischer Geschäftsmann verhaftet worden, der angeblich im Auftrag des gestürzten sierraleonischen Präsidenten Tejan Kabbah die britische Söldnerfirma „Sandline International“ für einen Gegenputsch in Sierra Leone anheuern sollte. D.J.