: „Gibste mir, geb ich dir“
■ Hat die Telefonzelle eine Zukunft? Wird bald Miete fällig? Bremens Stellplätze sind Verhandlungsmasse mit der Telekom
Hurra, das Telefonieren ist billiger geworden! Schöne, neue, privatisierte Welt der Sprachkommunikation. Und ein Handy hat ja inzwischen auch jeder. Sie nicht? Denn man tau. Wer weiß, wie lange die Telekom noch ihre Zellen an allen (un)möglichen Stellen aufstellt. Die Telefonhäuschen nämlich werfen nicht nur Gewinn ab. Im Gegenteil. Verluste „in dreistelliger Millionenhöhe“schreibe die Telekom in Deutschland jährlich mit ihren Zellen, so Pressesprecher Althoff: „Wenn Sie's genauer wissen wollen: 900 Millionen Mark für Telefonzellen und Auskunft zusammen.“Nicht überall natürlich. An der Domsheide zum Beispiel nicht. Da piepsen fröhlich die Gewinne im Mikrochip-Schlitz der Telefonzellen vor der Hauptpost.
An diesen Gewinnen könnten die armen Kommunen eigentlich beteiligt werden, sagte sich als erste die Stadt Köln. Und der Deutsche Städtetag zog vergangene Woche nach: Die deutschen Städte sollten mal über Standgebühren für die Telekomhäuschen nachdenken.
Was aber, wenn der große Sprachkommunikator dann einfach seine Zellen in den Randgebieten abschafft. Denn da, wo es einsam wird und das rosa „T“wie ein Leuchtturm letzte Zuflucht verspricht, da werden auch die Gespräche seltener – und die Geschäfte mit der Glasfaser ins Irgendwo werden dürftiger. Im Sankt Magnus in Bremen-Nord zum Beispiel, sagt Bremens Telekomsprecher Günter Spallek. „Da hatten wir in den letzten anderthalb Jahren an einer einzigen Zelle Vandalismus-Schäden von 25.000 Mark.“Bei monatlichen Einnahmen von 250 Mark durch die Zelle läßt das Geschäft zu wünschen übrig. „So ist uns die Entscheidung nicht schwergefallen“: Die Zelle kommt jetzt weg. Genau wie 19 weitere der 736 Telefonhäuschen im Raum Bremen.
Damit das nicht zur Gewohnheit wird, empfahl der Deutsche Städtetag seinen Mitgliedern auf einer Präsidiumssitzung in der vergangenen Woche, Verhandlungen mit der Telekom aufzunehmen. Denn immerhin: Die Telefonzelle des privaten Sprachkommunikators Telekom steht auf öffentlichem Boden – da könnte man doch eigentlich eine kleine Gegenleistung verlangen. „Das müssen nicht unbedingt Gebühren sein, wie es zur Zeit in Köln im Gespräch ist“, sagt Peter te Reh, der Referent für Informationstechnologie im Deutschen Städtetag. Das könne auch nach dem Motto „Gibste mir, geb ich dir“laufen. Zum Beispiel mit der verbindlichen Zusage, auch in abgelegenen Gegenden die Zellen-Landschaft zu pflegen. In Bremen sieht man das ähnlich. Erstmal denkt die Stadt noch nicht an eine Pacht für ihre Zellengrundstücke. „Aber wenn die Telekom an Standorten abbauen sollte, wo wir – beispielsweise aus Gründen der öffentlichen Sicherheit – die Zellen brauchen, würden wir unsere Pfründe schon in die Verhandlung miteinbringen“, so Thomas Wedrich, Sprecher von Stadtentwicklungssenator Bernt Schulte. ritz
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