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Flugzeugbau ist Manufaktur

■ Beim Airbus-Bauer Dasa: Probleme, die Arbeit mit verfügbaren Kräften zu schaffen

In riesigen hellen Hallen liegen Flugzeug-Flügel von über 30 Metern Spannweite. 0,1 Milimeter dünne Luftkissen, die 16 Tonnen schwere Tragflächen von Ausrüstungsstufe zu Ausrüstungsstufe tragen. Und am Ende der Airbus-Hallen auf dem Bremer Dasa-Gelände sitzt ein 16jähriger Lehrling tief in Gedanken versunken und läßt seine Finger feine silberfarbene Papierchen auf unscheinbare Bleche kleben.

Nicht alles ist gewaltig auf dem Gelände der Daimler-Benz Aerospace Airbus GmbH, kurz Dasa-Airbus, ganz hinten am Bremer Flughafen. Natürlich gibt es die Superlative: Ein Werk, durch das jährlich 1,5 Millionen Bleche für alle Airbus-Typen gehen. Zur Zeit jetten 1.700 Airbusse rund um die Welt. „Autofreaks lassen solche Zahlen vielleicht kalt. Aber im Flugzeugbereich ist das schon ganz ordentlich“, übt sich Werkleiter Manfred Theis im Understatement. Fast jedes zweite Passagierflugzeug mit mehr als 50 Plätzen wird heute von europäischen Airbus Industrie (AI) hergestellt. Die Dasa ist an dem Konsortium zu 38 Prozent beteiligt.

Trotzdem: Beeindruckender als die Zahlen sind die großen Männer mit ihren Pinselchen in der Hand. Flugzeugbauer, die sich über wuchtige Landeklappen-Wagen beugen und graue Farbe in schmale Ritzchen pnseln. „Nachkonservierung“, damit 335 Passagiere in dem Airbus A 330 sicher landen.

Maschinelle Zwangsabläufe sind in den Werkhallen der Dasa-Airbus ziemlich selten zu beobachten. Mal eine riesige Presse, mal Förderbänder in der Lackiererei, an deren Ende Fachkräfte in Windeseile Blechteile umdrehen. Und führerlose Wägelchen die mit lautem Gedudel scharf um die Ecke biegen. Aber das sind Einzelfälle. Flugzeugbau ist Manufaktur. Immerhin genug, um in Bremen 2.370 Leuten Arbeit und Lohn zu geben. „Sollte man ruhig mal sagen“, findet Manfred Theis, ein klitzkleines bißchen beleidigt darüber, daß Beck's mit seinen „1.500 Arbeitsplätzen“viel häufiger als Bremens Arbeitgeber im Gespräch ist.

Statt dessen hatte Bremens Bundestagsabgeordneter Volker Kröning (SPD) nach einem Besuch der Dasa-Airbus Geschäftsführung in Hamburg verlauten lassen, daß der „Luftstandort Bremen nicht langfristig gesichert“sei. Der Hamburger Pressesprecher Rolf Brandt und der Bremer Werksleiter sehen das nicht so. „Für die nächsten vier bis fünf Jahre sind wir ausgelastet“, winkt Rolf Brandt bei dem Thema ein bißchen genervt ab. Und sein Werkleiter ergänzt: „Das Problem ist zur Zeit eher, die Arbeit mit den verfügbaren Kräften zu schaffen.“Die 32 Azubis, die derzeit in der Bremer Niederlassung die Berufe als Flugzeugbauer, Galvaniseure und Kaufleute lernen, könne man zumindest alle übernehmen.

Nach Hamburg ist Bremen der zweitgrößte Airbus-Standort in Deutschland. Im Moment ist die europäische Politik dabei, aus dem Konsortium eine echte Firma zu schmieden. Welche Auswirkungen das auf einzelne Standorte haben wird, ist derzeit aber noch nicht zu sagen.

In Bremen werden die Flügel für alle Großraumflugzeuge gebaut und diverse Kleinteile. Außerdem die Strukturmontage: Landeklappen, die mit Blechen aus dem Werk Nordenham komplettiert werden. Die werden in die Flügel eingebaut, die weiter nach Toulouse geflogen werden. In der gigantischen „Beluga“geht es zum französischen Airbus-Partner. Ein paar hundert Niete noch und ein paar Kabelanschlüsse: Für die Kollegen bei Aerospatiale ist es dann nur noch ein Pappenstiel, die Flügel am Rumpf zu montieren.

Das Zusammenspiel des europäischen Kooperations-Unternehmens Airbus spielt sich in der Luft ab. In den drei, bald vier Belugas, die zwischen England, Spanien, Frankreich und Deutschland unterwegs sind, um sphärisch verformte Bleche hin- und herzutransportieren. „Und wenn“, so Werksleiter Theis, „die Beluga aus England mal einen Tag später kommt, dann haben wir ein Problem.“ ritz

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