Der SFB bleibt ein führungsloser Sender

■ Überraschend zieht ARD-Programmchef Günter Struve seine Kandidatur für das SFB-Intendantenamt wieder zurück. CDU und SPD, die seine Kandidatur betrieben, sind völlig ratlos. Die Wahl am Montag soll

Die Suche nach einem neuen SFB-Intendanten geht wieder von vorne los. ARD-Programmdirektor Günter Struve zog gestern überraschend seine Kandidatur wieder zurück und erklärte, er wolle Programmdirektor bleiben, weil das derzeit die reizvollere Aufgabe sei: „In einer solchen Phase will ich meinen Platz nicht verlassen.“

Struve, der als sicherer Kandidat galt, da er sowohl von SPD wie CDU unterstützt wurde, hatte noch am Montag nachmittag gegenüber der Rundfunkratsvorsitzenden Marianne Brinckmeier seine Bereitschaft zur Kandidatur erklärt, nachdem die ARD-Intendanten ihm signalisiert hatten, ihn aus seinem Vertrag zu entlassen. „Wir hatten das Gefühl, die Kuh sei vom Eis“, sagte Brinckmeier gestern zur taz.

Hintergrund von Struves Absage ist dem Vernehmen nach, daß seine Gehalts- und Pensionsforderungen nicht erfüllt wurden. Beim SFB hätte Struve nämlich „nur“ 350.000 Mark im Jahr verdient, ca. 130.000 Mark weniger als bei der ARD. Die Lücke, hatte er angeblich verlangt, sollten ihm die ARD- Chefs ausgleichen. Die sollen am Montag nachmittag zunächst eine Lösung ausgehandelt haben, die nicht ganz Struves Forderungen entsprach. Über das Ergebnis des Gehalts- und Rentenpokers soll es am Abend nach Struves Zusage in Berlin dann Streit gegeben haben. Struve habe sich „mit leeren Händen gesehen“, hieß es.

Rundfunkratschefin Brinckmeier reagierte gestern genervt: „Es überschlägt sich alles. Hier wird mit ganz tollen Karten gespielt“, sagte sie. Sie wollte aber auch keine Schuldzuweisungen verteilen. Die Angelegenheit sei „hochgradig überflüssig“. Die Rundfunkratsvorsitzende hält nichts davon, die für Montag vorgesehene Wahl erneut aufzuschieben. Bewerbungsschluß sei am heutigen Mittwoch um 12 Uhr, betonte sie. In Rundfunkratskreisen wird auch mit der Möglichkeit gerechnet, daß Landowsky den Wahltermin erneut verschieben will, falls ihm keiner der verbleibenden Kandidaten paßt.

Landowsky erklärte gestern, die Vorgänge bei der Intendantentagung zeigten, daß bei der ARD „das Interesse an einem geschwächten SFB sehr groß“ sei.

Rundfunkräte aller Seiten zeigten sich gestern konsterniert und ratlos über das weitere Vorgehen. Einige rechnen mit einem „großen Unbekannten“ als neuen Kandidaten, andere glauben, daß „alles auf Horst Schättle zuläuft“. Der SFB- Fernsehdirektor hegt schon lange Ambitionen auf das Amt des Intendanten.

Sämtliche Kandidaten außer Struve wurden bislang intern der „zweiten bis dritten Reihe“ zugerechnet. Neben Schättle kandidieren Reiner Burchardt (Chefredakteur Deutschlandfunk), Martin Buchhorn (Fernsehspielchef SR), Cornelius Bormann (Chefredakteur WDR-Landesprogramme), Hans-Günther Brüske (Geschäftsführer arte), Hannelore Gadatsch (SWF-Beauftragte für arte). Georg Löwisch/Lutz Meier