What's hot, what's not
: An die Arbeit!

■ Mit der Waffe in der Hand werden Putzjobs oder Museumsjobs verteidigt – ach Hollywood, wir haben dich so sehr unterschätzt

Phänomen 1) „Lebe lieber ungewöhnlich“ von Danny Boyle ist ein in amouröser Hinsicht durchaus lustiger Film. Unter klassenkämpferischen Aspekten beurteilt, ist er es weniger. Ewan Mac Gregor spielt darin bekanntlich einen Putzmann, den man entläßt, weil seine Arbeit von einem gripperesistenten Roboter übernommen wird.

In seiner Verzweiflung verübt Mac Gregor einen lächerlichen Anschlag auf seinen Firmenboß und nimmt dessen Tochter (die berückende und smarte Cameron Diaz) als Geisel. Damit wären wir beim Punkt, lieber Leser! Der Putzmann Ewan fordert nämlich keine Millionen Dollar Lösegeld, ja nicht einmal eine halbe Million Dollar, was Diaz beleidigt, weil es ihren Marktwert verkennt, sondern SEINEN JOB als Putzmann ZURÜCK.

Phänomen 2) In „Mad City“ von Costa-Gavras spielt John Travolta einen braven Museumswärter, der die Fassung verliert, als er wegen anstehender Sparmaßnahmen seinen Job verliert. Jeden Tag steht der gute Mann auf, rasiert sich, läßt sich von seiner Herzensdame die Lunchbox richten und tut so, als ginge er zur Arbeit.

Braveheart John kann den Verlust seiner Qualitätsstellung nicht verkraften. Um seiner Ex- Chefin wenigstens einmal ein aufmerksames Ohr für seine Sorgen und Nöte abzuzwingen, rückt er mit einem Ballermann zwischen Dino-Skeletten und ausgestopften Indianern an. Dummerweise wird dort gerade eine Schulklasse belehrt, ein Geiseldrama bahnt sich an – dabei will John doch nur SEINEN JOB als Aufsicht ZURÜCK.

Seit ich diese und ähnliche Filme gesehen habe, kann ich nicht mehr fröhlich einschlafen, so sehr beunruhigen mich Hollywoods Geheimbotschaften zum Stand des absterbenden, faulenden und parasitären Kapitalismus, der da Imperialismus geheißen wird. Denn Geheimbotschaften müssen es sein.

Ist Hollywood doch subtil? Ist es gar kommunistisch unterwandert? Will es uns ein Zeichen geben, indem es Arbeitsmänner zu Helden macht, die alle Räder stillstehen lassen, wenn ihre starken Arme mutwillig dazu gezwungen werden?

Will Hollywood uns mitteilen, daß die moderne Gesellschaft in eine neue, noch härtere Phase des Klassenkampfes eintritt – dergestalt, daß entschlossene Arbeitnehmer selbst Anstellungen als Putzmensch, Wärter oder Pizzalieferant mit der Waffe verteidigen?

Diese Zusammenhänge in meinem Hirn bewegend, muß ich zugeben, daß mir bis heute nicht einsichtig ist, warum die sogenannten „Arbeitgeber“ als Arbeit-GEBER tituliert werden, wo doch die Arbeiter und An gestellten ihrer Hände und Köpfe Arbeit hin-GEBEN und die „Arbeitgeber“ also eigentlich die Arbeit-NEHMER sind, da sie diese hingegebene Arbeit huldvoll entgegennehmen und armselig entlohnen, wofür das Arbeitsvolk auch noch dankbar zu sein hat. Danke, Hollywood, wir haben dich so sehr unterschätzt!

Phänomen 3) In Kevin Costners neuem Film „The Postman“ hat die Apokalypse, o Apokalypse von der Welt und Arbeitswelt, wie wir sie kennen und nicht lieben, nicht viel übrig gelassen. Da Arbeit nun aber das zuvörderst strukturgebende Element der menschlichen Existenz ist, schwingt sich der schöne Kevin in ein verlassenes US-Postauto und gibt sich als US-Postmann aus, der die Überlebenden ermutigt.

Der Film spielt nun aber im Jahre 2036 oder 2047, weswegen eine Frage sich aufdrängt: Haben die paar Leute, die Inferno und Totalitarismus überdauerten, nicht wenigstens E-Mail? Irgendwann muß die Stadt der Zukunft, die wir im Kunstunterricht der 6. Klasse malten, doch beginnen! Und warum wird ausgerechnet die Postbehörde zum Quell von knospendem Leben, Demokratie und Sinnstiftung? – Denn Kevin macht natürlich innerhalb von drei Stunden alles gut. Hollywood, du überforderst uns! Anke Westphal