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: Ramponiertes Sternenbanner

Schlecht sieht es aus mit dem ältesten Sternenbanner der USA, das derzeit im National Museum of American History in Washington hängt und dort täglich von Tausenden Besuchern ehrfürchtig bestaunt wird. Der Zahn der Zeit hat sehr am 200 Jahre alten Stück genagt: Einer der fünfzehn Sterne fehlt, Teile der Flagge wurden abgeschnitten, Staub, Gras und Blätter haben sich im Stoff der Fahne verfangen, Licht und Luftfeuchtigkeit setzen ihm zu. So darf es nicht weitergehen – zumal in den USA alte Nationalsymbole nicht gerade an jeder Ecke zu haben sind. Nun wurde, laut dpa, die „umfassendste Textilrestaurierung aller Zeiten“, kurz „UTAZ“ beschlossen. „Nach drei Jahren und Kosten von etwa 18 Millionen Dollar soll das Banner in einem überdimensionalen Schaukasten samt Klimatisierung und speziellem Licht wieder aufgehängt werden.“ Toll.

Da einem Nationalsymbole eher etwas widerwärtig sind, fragt man sich erst mal unqualifiziert und schlechtgelaunt, in welchen Schlachten die Fahne mit Blut gefüttert wurde, ob das was mit dem möglichen Golfkrieg nach der Olympiade zu tun hat und ob die anderen Fahnen, wie nicht nur bei der SS üblich, auch von der amerikanischen Ursprungsfahne zur Fahnenweihe berührt werden mußten, um magische Kraft zu geben gegen den bösen Feind.

Nüchtern betrachtet erinnert das alles sehr an die sowjetische Pflege des Leninmausoleums. Zwar bin ich mir nicht sicher, ob es besser ist, eine Mumie zu verehren oder ein Symbol, interessanter und erhebender ist es allemal, an einer Leiche vorbeizugehen, und insofern schade, daß Lenin doch wohl bald begraben wird. Auch ist die Fahne – neun mal zehn Meter – sehr viel kleiner als das Leninmausoleum, wiegt allerdings (68 kg) etwas mehr als ich. Möglicherweise ist die Fahnengeschichte lustig. Soweit ich weiß, ist das älteste Sternenbanner jedenfalls aus Hanf. Detlef Kuhlbrodt