Nachgefragt
: „Eheverbot verfassungswidrig“

■ Zum CDU Heiratsverbots-Vorschlag

Mit der Forderung, Asylbewerbern in Deutschland die Heirat zu verbieten, löste der Bremerhavener Bundestagsabgeordnete Michael Teiser (CDU) gestern heftige Proteste aus. Teiser will mit einem solchen Verbot „verhindern, daß Asylbewerber sich durch eine Schein-Heirat ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht erschleichen und das Asylverfahren umgehen.“Voraussetzung sei, daß dies verfassungsrechtlich möglich sei. Der bayerische Innenminister Günter Beckstein dementierte unterdessen Presseberichte, nach denen er diese Forderung unterstütze.

Die Bremer SPD-Fraktion nannte diesen Vorschlag „zynisch, inhuman, absurd und verfassungswidrig. Kein Staat der Welt habe das Recht, aus solchen Gründen Menschen das Heiraten zu verbieten“, sagte der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Jens Böhrnsen. Die taz sprach darüber mit der Hamburger Juristin Eva von Münch*.

taz: Wie empfinden Sie die Forderung nach einem Heiratsverbot für Asylbewerber?

Eva von Münch: Damit sollen Scheinehen verhindert werden; dabei muß man feststellen, daß es diese Fälle von Scheinehen wirklich gibt. Zumeist handelt es sich dabei um deutsche Frauen, die von einem ausländischen Mann nur deshalb geheiratet werden, damit dieser hier eine Aufenthaltsgenehmigung bekommt. Scheinehen sind natürlich unerwünscht. Sie mißbrauchen Frauen, in selteneren Fällen auch Männer, und sollten verhindert werden. Das versucht das geltende Gesetz bereits. Es gibt Urteile, nach denen Ausweisung oder Abschiebung im Falle einer Scheinehe gerechtfertigt sind.

Kann man das Ehe-Verbot für alle mit ein paar Scheinehen rechtfertigen?

Das ist kein Einzelfall, sondern ein echtes Problem – gerade für deutsche Frauen. Dieses Problem allerdings mit der ganz großen Keule anzugehen und für einen bestimmten Personenkreis – hier die Asylbewerber – die Ehe generell zu verbieten, scheint mir nicht möglich.

Allerdings, die Ehe zu mißbrauchen, finde ich auch nicht gut, und auch deutsche Frauen zu mißbrauchen, finde ich nicht richtig. Ich war vier Jahre lang ehrenamtliche Beisitzerin beim Verwaltungsgericht, wo wir Scheinehen auf Antrag des Ausländeramts prüfen mußten. Anfangs habe ich spontan reagiert und diese Einmischung für unverschämt gehalten. Aber was Frauen angetan wird, die sich für ein paar tausend Mark auf so eine Ehe einlassen, hat mich nachdenklich gemacht.

Es gilt doch der Schutz von Ehe und Familie...

...Natürlich, der ist in Artikel 6 des Grundgesetzes festgeschrieben. Nach meiner Ansicht wäre ein glattes Heiratsverbot auch verfassungswidrig. Man muß sich schon die Mühe machen nachzuweisen, ob es sich im fraglichen Fall um eine Scheinehe handelt.

Aber die Frage ist doch, wer die Beweislast tragen soll; ob also Deutsche quasi „Ausnahmegenehmigungen“beantragen sollen.

Ja, die Beweislast muß beim Staat liegen; bei der Behörde, die die Aufenthaltsgenehmigung nicht erteilen will, vielleicht auch beim Standesbeamten. Doch es ist natürlich heikel, sowas nachzuweisen.

Ist dieses Argument für den Schutz von Frauen nicht sehr paternalistisch? Viele Deutsche klagen doch über Schikanen, wenn sie Nicht-Deutsche heiraten wollen.

Das ist richtig. Und diesen Menschen müssen wir die Ehe mit ausländischen PartnerInnen und Kindern in Deutschland ohne Rassismus ermöglichen.

Fragen: Eva Rhode

*Expertin im Familien- und Verfassungsrecht; kommentierte Artikel 6 des Grundgesetzes.