Hilfe für einen würdevollen Tod

■ Hamburg Leuchtfeuer braucht noch 500.000 Mark für das Pflege-Hospiz in St. Pauli

Seit Menschen an Aids sterben, haben Künstler eine zentrale Bedeutung für die öffentliche Diskussion über diese Krankheit eingenommen. Nicht nur, daß mit dem Tod prominenter Schauspieler wie Rock Hudson das bigotte Gerede über die „Schwulenseuche“ zunehmend einer inhaltlichen Dimension in der Öffentlichkeit wich. Auch die von Künstlern wie Keith Haring oder Derek Jarman, Diamanda Galas oder Robert Mapplethorpe forcierte künstlerische und inhaltliche Auseinandersetzung mit der Krankheit – an der die meisten von ihnen schließlich selbst starben – hat dazu geführt, daß immer mehr Menschen bereit sind, den verhängnisvollen Konnex von Moral und Krankheit zu sprengen und sich mit der Existenz von Aids auseinanderzusetzen.

Auch das internationale Sommertheater auf Kampnagel hat in der Vergangenheit viele Künstler gesehen, die HIV-positiv waren und sich teilweise auch an der eigenen Krankheit, dem eigenen Sterben künstlerisch abarbeiteten. Der Tod und die Arbeit von Carlos Gimenez und Reza Abdoh seien hier stellvertretend genannt. Die Produktion von Bill T. Jones Still/Here, auf die im morgigen Querschnitt ausführlich eingegangen wird, ist allerdings das erste Projekt, welches das Sterben Aids- und anderer Kranker in den Mittelpunkt einer Arbeit stellt. Jones, der vehement und öffentlich für die Rechte und die Würde von HIV-Infizierten sowie ihre Unterstützung eintritt, trifft sich hier in seinem Anliegen mit Hamburg Leuchtfeuer, dem von jeder verkauften Karte eine Mark zukommen wird.

Auch Hamburg Leuchtfeuer hat sich in den letzten Jahren bei seiner Sponsorensuche für ein Wohn- und ein Pflegehospiz für HIV-Infizierte und Aids-Kranke vorwiegend auf die Solidarität der Hamburger Künstler verlassen können. Doch diese, im Verhältnis zu anderen Unternehmen recht arme Sparte ist mittlerweile, nachdem die Künstler 1,4 Millionen Mark gesammelt haben, mit denen das Wohnhospiz Matthias-Stift in Hohenfeld eröffnet werden konnte, einigermaßen ausgemolken. Zwar findet sich immer noch überall die Bereitschaft, für Hamburg Leuchtfeuer Aktionen zu starten. Aber jetzt, wo der Umbau des ehemaligen Schwesternwohnheims des israelitischen Krankenhauses in St. Pauli zu einem Pflegehospiz zum humanen Sterben bevorsteht, wendet sich die Organisation vermehrt an Unternehmen und Sportorganisationen.

Das Blue-Devils-Football-Team ist sehr engagiert, St. Pauli wird diese Saison noch ein Benefizspiel organisieren, aber auch kleine Tischtennis-Turniere sammeln für das Projekt. Das zeigt, daß auch im traditionell apolitischen Sport – vielleicht initiiert durch Sportler wie Arthur Ash oder Magic Johnson – ein Bewußtsein für die gesellschaftliche Verantwortung für Kranke gewachsen ist.

Die Unternehmen versucht Hamburg Leuchtfeuer für eine Art Social Sponsoring zu gewinnen, wie es in den USA gang und gäbe ist. Denn damit die Hospize, deren Kosten über die Pflegeversicherung abgerechnet werden, tatsächlich eine deutliche qualitative Verbesserung bei der Ausstattung und Betreuung gegenüber Krankenhäusern erhalten können, bedarf es Patenschaften von Unternehmen oder Einzelpersonen. Diese müssen bereit sein, über einen fest vereinbarten längeren Zeitraum das Projekt zu unterstützen.

Zwar ist der Umbau des zweigeschossigen Gebäudes in eine 15 Betten umfassende Station gesichert (Baubeginn voraussichtlich Anfang 97). Aber noch 500.000 Mark müssen unmittelbar erbracht werden, damit die Realisierung des Pflege- und Sterbehospizes in St. Pauli auch wirklich gesichert ist.

Till Briegleb

Weitere Informationen über das Projekt: % 24 36 16 (Rüdiger Hülskamp); über Möglichkeiten der Unterstützung: % 36 74 77 (Babette Peters). Es werden noch Zivildienstleistende gesucht