Auf Du und Du mit dem Poller: Pollerkrieg!
■ Bausenator will Stadt schöner machen
Bausenator Bernt Schulte (CDU) will die Innenstadt „entpollern“. Nach der aktuellen Pollerstrategie solle es keine neuen Poller mehr geben.Altmodelle müßten Stück für Stück entfernt werden. „Nur dort, wo die Verkehrssicherheit es gestattet“, versichert Bau-Sprecher Thomas Wedrich. Ein erster Polleranschlag ist bereits zu verzeichnen – auf dem Rudolf-Hilferding-Platz. Damit wirft der Bausenator eine Bremer Tradition über Bord. Bisher hatten die Hansestädter immer versucht, die ästhetische Problematik durch Produktdesign zu lösen. „Bekanntlich sind die Varianten grob behauene Stele, Gußeisen antik, schlanker Kegelstumpf mit innerer Gewindestange, Quadratrohr rot-weiß, Holz/rund und Holz/vierkant mit schwarzem Absatz oben, Blumenkübel Plastik und Blumenkübel Keramik zu finden“, faßt Robert Bücking, Leiter des Ortsamts Mitte, korrekt zusammen. Aus ästhetischer Sicht teile er Schultes Meinung. Aber: „Ich bin schon lange Zeuge eines Feldversuchs über das Verhalten von parkplatz-suchenden Autofahrern“. Erkenntnis: „Sobald sonst staatstragende Menschen einen Parkplatz suchen, scheint eine Bewußtseinstrübung einzusetzen.“Die Welt jenseits der Windschutzscheibe werde zum feindlichen Territorium. Fuß- und Radwege würden zugeparkt, enge Kurven unpassierbar gemacht. Von der neuen Strategie der Innenbehörde, die Anzahl der ParkraumüberwacherInnen zu verdoppeln, hält Bücking nichts: „Die 21 Überwacher haben bisher nirgends die Bestrafungswahrscheinlichkeit auf den für eine Verhaltensänderung nötigen kritischen Stellenwert steigern können.“Daraus folge, daß es nur die Wahl zwischen zwei Häßlichkeiten gibt: Poller oder zugeparkten Fußweg. Bevor Bücking überprüft, ob der Beirat nach Paragraph 7,3 Beiratsgesetz die Entpollerung absegnen muß, hat er eine Wette angeboten: „Wenn es Schulte gelingt, den entpollerten Rudolf-Hilferding-Platz von Falsch-Parkern freizuhalten, lasse ich mich mit ihm beim Poller-Rausziehen fotografieren. Wenn nicht, setzt er im Viertel einen Frisch-Poller.“Der Bausenator will nicht. Der Pollerkrieg geht weiter.
Jens Tittmann
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