Der Wind pfiff gegen den Tunnel

■ Erster Spatenstich für den Wesertunnel / Gegner protestierten

Der Wind pfiff eisig, als Bundesverkehrsminister Matthias Wissmann (CDU) gestern seinen Spaten in den Wiesengrund vor Kleinensiel trat. Um zwei Uhr nachmittags flog das erste offizielle Stück Marschboden, für einen Autotunnel, in dem nach Willen von Bundes- und niedersächsischer Landesregierung in vier Jahren 20.000 Autos pro Tag die Weser zwischen Kleinensiel und Dedesdorf unterqueren werden.

Kräftig gegraben hatte man schon in den letzten Tagen. Vorsorglich: Mit Stacheldraht und eiserner Pforte wurden gestern der Bundesverkehrsminister und sein Kollege von der niedersächsischen Landesregierung, Peter Fischer (SPD). gegen eine Öffentlichkeit von knapp 100 Tunnel-Gegnern abgeschirmt. Diese unterstützten den Wind mit ihren Trillerpfeifen.

Neben dem Amerikahafen in Cuxhaven und der A 26 bei Stade, so äußerte gestern Peter Fischer hinter dem Draht unterm Weserdeich, werde mit dem Tunnel eines der drei wichtigsten regionalen Infrastrukturprojekte ausgebaggert. Profitieren sollen die Seehäfen vor Ort sowie Industrie und Gewerbe. Beispielsweise mit einem besseren Verkehrsfluß zwischen den drei nordwestdeutschen Standorten der Daimler-Benz Aerospace in Stade, Nordenham und Bremen. Außerdem gebe der Tunnel Arbeitslosen einen größeren Spielraum bei der Arbeitssuche.

Im „Arbeitskreis gegen den Wesertunnel“hält man das rund eine halbe Milliarde Mark schwere Bauwerk für einen regionalpolitischen Schildbürgerstreich. Sein Sprecher, Hans-Otto Meyer-Ott, sieht allein im Fährbetrieb rund 100 Arbeitsplätze vernichtet. Angesichts dieser Zukunftsaussichten versenkten Fähr-Mitarbeiter gestern schon mal symbolisch ihr Schiff. Der Tunnel, so Meyer-Ott, sei ein Teilstück der „Küstenautobahn“und verbinde statt der regionalen Oberzentren eher die europäischen Großstädte vom Baltikum bis nach Rotterdam. „Dieser verkehrspolitische Unsinn“, so die niedersächsische Landtagsabgeordnete der Grünen, Andrea Hoops, „führt mittelfristig zu einer Verschlechterung der Wettbewerbssituation“deutscher Seehäfen.

Hans-Otto Meyer-Ott betonte am Nachmittag, daß der „Arbeitskreis gegen den Wesertunnel“seine Klage gegen die Zerstörung von Vogelschutzgebieten an der Baustelle aufrechterhalte. Und 15 Tunnel-Gegner demonstrierten mit drei Versuchen, hinter die Stacheldraht-Umzäunung zu kommen, ihren ungebrochenen Widerstandswillen. Die Polizei hielt sie auf. ritz