Nichts als die Liebe

■ In „Escrito En El Agua“ von Marcos Loayza wird vor allem herzhaft gelogen

Still liegt er in der argentinischen Natur, der See, immer wieder fängt ihn Marcos Loayza in „Escrito En El Agua“ mit der Kamera ein, wenn sein Protagonist grübeln muß. Und das muß er eigentlich ständig: Marcelo, Sohn einer wohlhabenden Familie aus Buenos Aires, durchlebt immerhin die unschönen Hebungen und Senkungen des spätpubertären Lebens. In der Familie herrscht eher oberflächliche Freundlichkeit – Vati ist Manager bei einem Industriekonzern, Mutti versucht sich mit Fotografieren durch den Tag zu bringen, und der schüchterne junge Mann verbringt die meiste Zeit im Internet.

Als Marcelos Vater eine Dienstreise aufs Land machen soll, kommt Marcelo gerne mit, um den dort lebenden Großvater zu besuchen. Der Alte ist ein ergrauter Linksaktivist wie aus dem Bilderbuch, der seine Literatur vorzugsweise in einem ausgedienten Kühlschrank im Wohnzimmer aufbewahrt und dem Enkel von den guten, alten Zeiten berichtet. Im besonderen von seinem gerechten Kampf während des Spanischen Bürgerkriegs.

Marcelo streift durch die umgebende Landschaft und trifft Clara, ein Mädchen aus der nahegelegenen Kleinstadt. Doch trotz zögerlicher Gespräche hält die selbstbewußte junge Frau für den prompt verliebten Marcelo zunächst wenig Erfreuliches bereit. Statt Liebesschwüren eröffnet sie dem verstockten Popper, daß sein geschäftiger Vater als Vorstandsmitglied der Fabrik im Ort für rücksichtslose Umweltverschmutzung und den Tod mindestens eines Arbeiters verantwortlich ist. Der streitet alles ab. Diesen Film glaubt man schon unzählige Male gesehen zu haben: handwerklich solide, wenn auch etwas glatt gemachte Produktionen, die das Erwachsenwerden eines jungen Menschen als halb politischen, halb poetischen Prozeß des Lernens und Leidens zeigen. L'amour, Natur, Klassenkampf und bedeutungsschwangere Bilder, die den Protagonisten beim wortlosen Reflektieren zeigen – wenn Regisseur Loayza dann den Lügen des Vaters die Lüge(n) des Großvaters gegenüberstellt, der doch nie für Freiheit und Sozialismus die Waffe erhoben hat, macht er sein Klischeestück nur noch schlimmer. Und wenn es so etwas wie eine Botschaft in „Escrito En El Agua“ gibt, dann höchstens, daß alle lügen, man sich damit abfinden muß und nur die Liebe momenteweise Hoffnung verspricht. Glatt gelogen. Thomas Klein

Panorama: heute, 14 Uhr, International; 20.2., 19 Uhr, Royal Palast; 21.2., 13 Uhr, Atelier am Zoo