„Ich fühle mich verarscht“

Wie Vorzeigemalocher Joachim Hopp sein Abrutschen in der Hierarchie des DFB-Pokal-Halbfinalisten MSV Duisburg verarbeitet  ■ Von Martin Plich

Vor der Winterpause hatte er noch gefrotzelt: „Auf der Ersatzbank bekommt man Pickel am Hintern.“ Mittlerweile hat Joachim Hopp (31) eine weiter verschärfte Situation vorgefunden. Jetzt gehört der einzig verbliebene Duisburger im Team des MSV noch nicht mal mehr zu den Ersatzspielern. Hopp, unlängst noch gefeiertes Symbol für den Duisburger Malocherfußball, muß derzeit auf der Tribüne Platz nehmen.

Er erinnert sich an den Donnerstag vor der Abreise zum Spiel in Stuttgart: „Es war wie ein Stich ins Herz. Wenn du erfährst, daß du nicht dabei bist, dann ziehen dunkle Wolken auf.“ Hopp ist dann nach Hause gefahren und hat sich in die Musik geflüchtet. „Da kann ich abschalten“, sagt er über seine andere große Leidenschaft. Hin und wieder tingelt er auch als DJ durch die Tanzsäle.

Auch gegen Karlsruhe und vergangen Freitag in Bremen traf ihn als einzigen gesunden MSV-Profi die Höchststrafe: zu Hause bleiben zu müssen. Wie verarbeitet das jemand, der, seit er 1989 vom Duisburger A-Kreisligisten VfB Ruhrort für 1.500 Mark zum MSV kam, alle Auf- und Abstiege erlebt hat? „Man muß das natürlich irgendwie verarbeiten“, sagt Hopp. Das geht angeblich so: „Erst schläft man schlecht, doch dann hat man auch das verarbeitet.“

Wenn heute abend der Klub in Trier (20.15 Uhr, ZDF) vor dem größten Erfolg seit langer Zeit steht, dem Einzug ins Pokalfinale, bleibt ihm wieder nur ein Platz am Fernseher. Der Mannschaftsbus ist jedenfalls ohne ihn gefahren – wenn er nach Trier will, muß er das selber organisieren. Würde er nach Berlin zum Pokalfinale auch als Tribünengast fahren? „Bestimmt nicht. Das wäre ja psychische Folter.“ Ganz so einfach ist das Verarbeiten offenbar doch nicht. Hopp ist gefrustet, das merkt man, doch nervt ihn nicht bloß der Zustand, sondern die Begleitumstände.

In der Winterpause hatte er „ein konkretes Angebot“ des Regionalligisten Rot-Weiß Oberhausen. Hopp wollte, der MSV ihn aber nicht gehen lassen. „Wenn der Trainer mich nicht mehr braucht, dann hätte man mich doch gehen lassen können“, sagt Hopp, „ich fühle mich verarscht. Jetzt sitze ich auf der Tribüne. Da soll man keinen Frust bekommen. Ich verstehe das einfach nicht.“

Als Abstieg hätte er den Wechsel zum Drittligisten nicht empfunden. Vor allem hätte er dann im Pott wohnen bleiben können. „Ich hänge an der Region“, gibt er unumwunden zu. Vor acht Wochen hat er eine Café-Kneipe in Essen eröffnet. Im nachhinein ärgert er sich andererseits aber auch darüber, daß zur Sommerpause der Transfer zum FC St. Pauli nicht geklappt hat. „Die Leute mögen mich dort. Das wäre meine Welt.“

Das alles klingt, als habe er innerlich bereits Distanz zum MSV aufgebaut. Nachlassen will er aber nicht. „Ich gebe auf dem Trainingsplatz alles. Ich habe bis vor wenigen Jahren noch acht Stunden am Hochofen gearbeitet. Da kann man sich durchringen, eineinhalb Stunden auf dem Rasen alles zu zeigen, auch wenn der Trainer das nicht honoriert.“ Immerhin hat er noch einen Vertrag bis Juni 1999. „Im Sommer bin ich weg“, sagt Hopp aber. „Es wäre eine Schweinerei, wenn der Verein mir dann mit einer hohen Ablöse die Zukunft versperren würde.“

Was sagt Trainer Friedhelm Funkel zur Sache? Der Coach bleibt wie gewohnt sachlich: „Ich finde es ungerecht, daß der Hoppi sagt, er sei vom MSV verarscht worden. Tatsache ist, daß wir bis zur Verpflichtung von Töfting und Popowitsch einen Spielerengpaß hatten. Tatsache ist auch, daß Hoppi momentan nicht den Cut schafft. Das liegt daran, daß die Leistungen halt nicht entsprechend sind.“ Der Trainer sagt, sein Spieler könne „jederzeit mit mir sprechen“. Bisher sei das „allerdings nicht geschehen“.

Vielleicht ist es tatsächlich so, daß Hopps Bestes einfach nicht mehr gut genug ist. Denn der MSV hat in der jüngsten Vergangenheit sichtbar zugelegt. Die Mannschaft ist technisch deutlich besser geworden. Das Niveau und die Ansprüche sind gestiegen gegenüber den Zeiten, als das „Hopp, Hopp, Hopp“ als Schlachtruf und Parole durchs Wedaustadion schallte.

Ein Beispiel zeigt allerdings, daß Geduld lohnt. Kollege Markus Reiter hat nach langer Durststrecke wieder einen Platz in der Anfangself gefunden. Auch er schien schon abgeschrieben. Reiter gehört wie Hopp zu den rustikalen Jungs im Funkel-Kollektiv. Und auf die will der MSV-Coach auch in Zukunft keineswegs verzichten. Hat Hopp nicht Angst, sich mit seiner offenen Art einen ähnlichen Rückweg zu verbauen? „Wieso, schlimmer kann es eigentlich nicht mehr werden“, glaubt Joachim Hopp.