Nix Fleischbeschau

■ Schnappt in gemächlichem Thriller-Tempo zu: „Die Mädchenfalle“ (20.15 Uhr, RTL)

Letzten Mittwoch Frau Theologin als heilige Hure auf S/M-Trip in bizarren Folterkellern und diese Woche nun Kinderpornos im Internet. Bei RTL weiß man offenbar, was man seinen Fleischbeschauern schuldig ist. Möchte man meinen.

Aber irgendwie kann man sich bei diesen Flimmerkastenleuten so ziemlich auf gar nix mehr verlassen. Denn Peter Ily Huemers Krimi um einen skrupellosen Lüstling, der vereinsamte Teenager übers Internet anlockt, entwickelt sich nach einem mäßig knalligen Intro mit geradezu anrührend bescheidenem Pyrotechnikzauber zu einem durchaus respektablen Stück Fernsehen.

Wie hier die 17jährige Silke (Alexandra Maria Lara), einziges Kind gutbetuchter, aber verkrachter Eltern, aus Liebeskummer per Mausklick in die Fänge eines doch so einfühlsamen Jünglings namens Jan gerät, schildert Regisseur Peter Ily Huemer durchweg plausibel. Zumindest ist er nicht der naheliegenden Versuchung erlegen, das Geschehen mit albernem Cyber-Schnickschnack visuell zuzukleistern.

Statt dessen schlägt der Film ein eher gemächliches Tempo an, führt seine Figuren ordentlich ein, und bis so etwas wie Spannung aufkommt, dauert es geraume Zeit. Der Krimi entwickelt sich dabei aus der schlichten, aber effektiven Parallelmontage des Wettlaufs zwischen Silkes Versuch, ihren (vermeintlichen) Jan zu treffen, und dem Bemühen von Kommissar Sieber (Thomas Kretschmann), im Verein mit seiner online-versierten Kollegin Matius (Julia Richter), einem gewissen „Dr. Porn“ auf die Spur zu kommen, der Kinderpornos im Internet feilbietet.

Klar sieht das Eigenheim von Silkes Eltern ein bißchen reichlich dicke nach „Total schön wohnen“ aus, müßte Muttern (Geld macht auch nicht glücklich!) nicht ständig am Cognac nippen, ist den Schlenker in Sachen sexueller Kindesmißbrauch in einer (anderen) Bilderbuch-Proll-Familie (Alk-Vater in besabberten Schiesser-Feinripp) ziemlich überflüssig und kommt der thrillermäßig aufgemotzte Showdown nach all der wohltuenden Zurückhaltung ein bißchen wie Hollywood für Arme daher. Und fraglos ist Sigmar Solbach (Silkes Vati) nicht Robert De Niro. Aber sonst, ... doch, durchaus. Reinhard Lüke