Fallen, lachen, liedermachen

■ Der traurige Clown Mark Eitzel kommt nicht auf die Beine, aber seine Songs sind erstklassig

Wenn Mark Eitzel lacht, ziehen Falten tieffurchige Fächer in sein Gesicht. Dem Mann geht's gut, denkt man, der lacht viel. Dann erzählt er von seinem vorvorletzten Album. Wie er voller Stolz einem Freund vorschwärmte, alles selbst geschrieben, komponiert und arrangiert zu haben. Und dieser Freund ihn dann zur Seite nahm und meinte: Hör mal, das Ganze ist leider nur ein zweitklassiges Jazz-Album. „Und weißt du was?“– Eitzel überbrückt die Pause mit dem strahlendsten Lächeln der Welt – „Er hatte recht!“

Hatte er natürlich nicht. Denn 60 Watt Silver Lining war kein Jazz-Album. Und das mit der Zweitklassigkeit ist so eine Sache. Eitzel liebt die Tradition des american popular song, jenen unmißverständlichen Ami-Mainstream also, der sich kühn aus den Metropolen erhebt und ewig währt. Da darf man sich nicht verstecken. Einmal einen Song für Barbra Streisand schreiben, das wär's für Eitzel. Aber ein Stück wie Carole Kings No Easy Way Down werde er niemals schaffen. Eitzel weiß: Um zu fallen, muß man oben gewesen sein.

Dazu bedarf es Selbstvertrauen. „I've messed it all up“aber gehört zu Eitzels Lieblingsphrasen. Lachend entschuldigt er damit den Moment, wo er wieder mit seiner Gitarre kämpft und von ihr erschlagen zu werden droht. Über eine Zeile stolpert, die fast jeder im Publikum rückwärts beten kann. Oder merkt, daß er beim Singen einfach zuviel Speichel verliert und sich die ersten Reihen zu lichten beginnen.

Beim Blick auf die Vergangenheit wacht Erkenntnisstolz über verletzte Eitelkeit. Vor drei Jahren machte Eitzel den American Music Club für immer dicht, jene Band aus San Francisco, die trotz des richtungweisenden Namens dem Erfolg zehn Jahre hinterherlief. „Irgendwann war das nur noch eine Rockband.“So wie R.E.M.? Wieder so ein heikles Thema. Das letztjährige Joint venture mit deren Gitarristen Peter Buck machte aus Eitzel den Vorzeige-Depri des internationalen Rock-Zirkus'. Vorteil: Anerkennung. Nachteil: „Jeder denkt, ich verdiene jetzt genug Geld, um mir endlich gute Musikanten zu leisten.“

Caught In A Trap And I Can't Back Out Cause I Love You Too Much, Baby. Mark Eitzel schwört, der Titel seines aktuellen Albums habe nichts mit dem Song von Elvis zu tun. Wohl wahr. Es ist sein eigenes Motto, denn niemand kann sich selbst schönere Fallen stellen und dabei noch lachen. Die Fallengänger dieser Welt lieben ihn dafür.

Michael Hess

Mo, 23. Februar, 21 Uhr, Knust