Was zu Essen und Ufos, bitte sehr!

■ Wie in Holland: Nina Hagen war, Angela Guerreiro kommt in die Mission

„Nina Hagen ist toll“, sagt Walter und verrät auch gleich sein Lieblingslied: „99 Luftballons“, das hat er immer gerne gehört. Als die Lady dann ganz in Schwarz die Mission zum Überraschungsbesuch stürmt – für sie, die zur Vorbereitung ihres Auftritts nächste Woche im Schauspielhaus nach Hamburg gereist war, nicht weniger überraschend als für die Gäste – zeigt sie sich allerdings genauso verwirrt: „Sieht ja aus wie in Holland hier.“Wie heftiger Applaus aus den Rauchschwaden bekundete, nahmen ihr das die Nicht-Holländer nicht übel. Im Gegenteil: Gleich das erste Stück, das Nina Hagen an der akustischen Gitarre auf der kleinen Bühne anstimmte, wurde begeistert im Chor mitgegrölt. Dabei war's gar nicht „Auf'm Bahnhof Zoo im Damenklo“, sondern ein Stück aus ihrer Jugend, früher in Berlin oft gesungen, wie sie betonte: „Und weil der Mensch ein Mensch ist, drum will er was zu essen, bitte sehr!“

Brecht zum Einstieg, dann ein kurzer Ufo-Exkurs und schließlich eine Nirvana-Coverversion, der sich ein Kurt-Cobain-für-Anfänger-Kurs anschloß: „Das war ein Popstar. Der ist jetzt tot.“Ansonsten zeigte sich der lebende Popstar äußerst textunsicher, was sie mit Hinweisen darauf, daß sie schon so lange nicht mehr in Deutschland gewesen sei und wiederholten „anyways“übertönte. Ein Reim fiel ihr trotzdem ein, mit dem sie sich und ihre unschuldspielenden Augen dann auch direkt in die Herzen der Mission hauchte: „Die geile Hammelherde/ die rammelt auch noch Pferde.“„Ihre Mutter“, erklärte Nina Hagens Managerin incognito am Eingang, „war wohl eine ganz große Schauspielerin“.

Völlig anderes erwartet die Missions-Gäste am Sonntag: Die in Hamburg lebende portugiesische Choreographin Angela Guerreiro wird mit sechs TänzerInnen und Musik von Fado über Tango zu Walzer in die Ernst-Merck-Straße kommen. Guerreira, die mit ihrer Compagnie und dem Stück Fade gerade zum „nationalen Vertreter Deutschlands“für die Vorausscheidung des renommierten Tanzfestivals in Bagnolet nominiert wurde, arbeitet bereits seit August letzten Jahres an einem Projekt, das Obdachlosigkeit thematisiert. Eine TV-Dokumentation über homeless people in New York und eine schockierende Erfahrung in Budapest haben sie für die Problematik interessiert und weiter in Paris, Berlin und Hamburg forschen lassen. Leben in Tunneln, in Katakomben, in billigen Absteigen – es gibt verschiedene Stufen von Obdach- und Heimatlosigkeit, sagt Guerreiro, die „nicht alle ohne Obdach in dieselbe Tüte stecken“will, sondern ein „Stück über Individuen in einer speziellen Lebenssituation“macht. Uraufführung der Choreographie ist im April in Berlin. Der Auftritt morgen wird entspannter: Die Compagnie lädt alle Anwesenden zum Tanz ein und gestaltet den Abend je nachdem, was sich im Ballhaus entwickelt.

Was sich in der Mission überhaupt in Zukunft entwickeln kann, hängt seit gestern in der Schwebe: Wie das Schauspielhaus mitteilte, müssen die von der Sprinkenhof-AG mietfrei zur Verfügung gestellten Räume zum Winterende verlassen werden. Strategien zur Fortführung der „künstlerischen Maßnahmen gegen die Kälte“auch in den milden Frühlingsmonaten werden derzeit von den Missionsgästen und -paten, darunter die taz hamburg, sehr heiß diskutiert.