Währungspolitische Trickkiste

Ganz langsam nimmt Indonesiens Regierung Abstand von dem Plan, die Landeswährung Rupiah an den US-Dollar anzubinden. Zu eindeutig ist die Kritik daran  ■ Von Michael Winckler

Berlin (taz) – Knapp vier Wochen vor den indonesischen Präsidentschaftswahlen kündigte Präsident Suharto an, die wirtschaftliche Misere des Inselreiches mit einem Griff in die währungspolitische Trickkiste zu bewältigen. Die Währungspolitik soll von der Zentralbank in einen neu zu gründenden Währungsausschuß (Currency Board) ausgelagert werden. Dieser würde die Landeswährung Rupiah fest an den US-Dollar anbinden.

Suhartos Plan hatte zum Wochenbeginn nicht nur einen erneuten Wertverfall der Rupiah und Kursverluste an ost- und südostasiatischen Finanzmärkten ausgelöst, sondern auch massive Kritik von internationalen Finanzorganisationen. Der Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF), Michel Camdessus, hatte gedroht, das internationale Hilfspaket von 43 Milliarden Dollar aufzukündigen, sollte der 76jährige Präsident seine Pläne umsetzen.

Die Entscheidung über den festen Wechselkurs sei noch lange nicht gefallen, sagte der indonesische Technolgieminister und wahrscheinlich künftige Vizepräsident Jusuf Habibie nun in einem vorab veröffentlichten Interview mit dem Spiegel. Nur im Notfall, falls die Spekulation gegen die Rupiah weitergeht, wolle die Regierung zu diesem Mittel greifen.

Bereits am Mittwoch hatte Präsident Suharto gegenüber Bundesfinanzminister Theo Waigel signalisiert, sein währungspolitisches Experiment noch einmal zu überdenken. Hält der javanische Patriarch dennoch an seinem Vorhaben fest, läuft er Gefahr, die strauchelnde Industrie vollends in den Abgrund zu stürzen, Millionen von Arbeitskräften freizusetzen und die seit Tagen anhaltenden sozialen Unruhen zu verschärfen.

Der Plan sieht ein Verhältnis von 5.000 Rupiah zu einem Dollar vor. Der Geldumlauf muß dann durch Devisenreserven gedeckt werden. Das bedeutet, daß neue Rupien nur dann in Umlauf gebracht werden können, wenn die Devisenreserven zunehmen.

Die Rechnung, damit die Talfahrt der Währung zu stoppen, kann jedoch nicht aufgehen. Indonesien verfügt lediglich über 17 Milliarden Dollar Devisenreserven, denen 140 Milliarden Dollar Auslandsverbindlichkeiten gegenüberstehen. Die Reserven sind viel zu gering, um die Konsequenzen der festen Währungskoppelung abzufedern. Dies wissen die Spekulanten und werden daher mit großer Wahrscheinlichkeit die Rupiah attackieren.

Ein dann noch heftigerer Kapitalabfluß kann aber nur mit hohen Zinsen bekämpft werden, die die dringend notwendige konjunkturelle Belebung strangulieren würden. Daher können nur wirtschafts- und finanzpolitische Maßnahmen, die das geschwundene Vertrauen der internationalen Finanzwelt in die Reformfähigkeit des Staates wiederbeleben, einen Weg aus der Krise weisen.

Indonesien riskiert mit dem Plan nicht nur den Bruch mit dem IWF, sondern auch mit der Weltbank, die eine Milliarde Dollar für dringend benötigte Lebensmittelimporte zur Verfügung stellen will. Ohne Nahrungsmittelimporte droht dem Land eine Hungersnot und eine Eskalation der Gewalt. Durch die Abwertung der Rupiah sind die Preise für Grundnahrungsmittel ohnehin schon in astronomische Höhen gestiegen. Der Zorn der Masse richtet sich gegen die chinesische Minderheit, die nur etwa vier Prozent der Bevölkerung ausmacht, aber 75 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erwirtschaftet und den Groß- und Einzelhandel kontrolliert.

Der Plan der festen Bindung der Rupiah an den Dollar kommt einer Ablenkungsstrategie gleich, die falsche Hoffnungen auf Preisstabilität weckt und eine möglichst reibungslose Präsidentschaftswahl sichern soll. Solange sich der Unmut des Mobs auf die chinesische Minderheit fokussiert, kann Suharto dem Wahlgang unbesorgt entgegensehen. Ein Bruch mit dem IWF würde jedoch ein Finanzdesaster bewirken, die Not der Bevölkerung verschlimmern und möglicherweise gewalttätige Ausschreitungen unvorhersehbaren Ausmaßes schüren. Daher dürfte Suharto spätestens nach seiner Wiederwahl die Auflagen des IWF erfüllen und auf die Fixierung des Wechselkurses verzichten.