Teilzeitjobs für alle

Der Club of Rome fordert ein Recht auf „Grundbeschäftigung“: Jobs für 20 Wochenstunden zum Mindestlohn  ■ Von F. Marten und B. Dribbusch

Hamburg (taz) – „Wir sind, was wir tun“: Nach dieser Prämisse ist Arbeit immer noch das Wichtigste für das Selbstwertgefühl eines Menschen. Wenn es jedoch Vollbeschäftigung durch Wachstum allein nicht mehr geben kann, sollte jeder Mensch zumindest das Recht auf eine „Grundversorgung“ an Arbeit haben. Einen Job für 20 Stunden in der Woche, gegen ein Mindestgehalt, so sieht die Grundbeschäftigung aus, die der Club of Rome in seinem Bericht fordert.

Die beiden Autoren, der Ex- Marketing-Manager Orio Giarini und Wirtschaftsberater Patrick Liedtke, gehen davon aus, daß nur eine neue Bewertung von bezahlter, gemeinnütziger und unbezahlter Arbeit künftig ausreichend Beschäftigung sichert. Jedem einzelnen in der Gesellschaft, der dazu in der Lage sei, müsse „eine angemessene Möglichkeit geboten" werden, „produktive Tätigkeiten zu entfalten“. Dazu entwickeln die Autoren ein „Drei-Schicht-Modell“ der Arbeit. Die Menschen sollen im Laufe ihres Lebens in allen drei Schichten arbeiten, mit wechselnden Schwerpunkten.

Wer in der ersten Schicht der Grundbeschäftigung arbeitet, bekommt ein Mindestgehalt und kann etwa 20 Stunden in der Woche ackern. „Menschen im Alter zwischen 18 und 78 Jahren“ kommen für diese Tätigkeiten im Sozialwesen in Frage. Die Autoren: „Die Tätigkeiten der ersten Schicht werden in vielen Fällen nicht den individuellen Wünschen entsprechen.“ Diese Grundbeschäftigung ist nämlich nicht nur Recht, sondern auch Verpflichtung für jene, die sonst staatliche Hilfe bekommen müßten: „Keine Zuwendungen für das Untätigbleiben, sondern Unterstützung für das Tätigbleiben.“ Das Geld, das sonst für Arbeitslosenunterstützung und Sozialhilfe aufgewendet würde, soll für diese Grundbeschäftigung verwendet werden. Die „zweite Schicht“ der Arbeit, die dem heutigen „ersten Arbeitsmarkt“ entspricht, soll weiter die „Schlüsselrolle“ in der Wirtschaft spielen. Die Autoren fordern, diese Jobs sowenig wie möglich zu reglementieren. Verglichen mit der heutigen Wirtschaft müsse die zweite Schicht der Arbeit jedoch „flexibler“ sein. Sie werde nach und nach das herkömmliche Modell einer festgelegten Arbeitswoche von 40 oder 45 Stunden „aushöhlen“ und dabei „die Organisation der Arbeit an die Anforderungen der betroffenen Menschen anpassen“.

Diese Jobs in der „zweiten Schicht“ böten dann auch Mittel, sich über Betriebsrenten und private Kapitalbildung ein zusätzliches Alterseinkommen zu verschaffen. Die Autoren setzen darauf, daß die Menschen auch parallel in der ersten und zweiten Schicht arbeiten werden. Oberhalb dieser beiden „Arbeitsschichten“ wollen die Autoren auch die dritte „nichtmonetisierte“ Arbeit würdigen. Darunter fallen die Familienarbeit und „ehrenamtliche“ Tätigkeiten. Die „nichtmonetisierte Arbeit in Entwicklungsländern“, also die nachbarschaftliche Hilfe, der Tausch von Naturalien, dürfe nicht entwertet werden, betonen die Autoren.

Gleitender Ein- und Ausstieg in das Erwerbsleben und mehr Teilzeit sollen künftig Produktivität und Wohlstand steigern. Eine neue Berechnung des Sozialprodukts und eine Öko-Steuerreform sollen sicherstellen, daß umweltgerecht gewirtschaftet wird.

Der Club of Rome hat 100 Mitglieder in 50 Ländern, die Studie ist in seinem Auftrag entstanden. Das Vorwort zum Bericht unter dem Titel „Wie wir arbeiten werden“ schrieb Umweltethiker Ernst Ulrich von Weizsäcker. Auch er sieht die heutigen Wachstumsprognosen kritisch: „Neue Arbeitsplätze schaffen bedeutet, Arbeitsplätze zu vernichten.“