Auf Du und Du mit dem Telefonmarkt
: „Online liegt in Deutschland brach“

■ Internet und Funk-Ortsnetze: Ein Podiumsgespräch rund ums Telefon

Schlappe acht Dollar kostet der Internet-Anschluß im Monat. Nicht in Deutschland, in Amerika. „Das ist doch ein Unding“, schimpft da Deutschlands zweithöchster Regulierungsbeamter des liberalisierten Telefonmarktes, Arne Börnsen, „daß die Telekom für T-Online noch immer Gesprächs-Gebühren verlangt.“

Der Regulierungsbeamte war der einzige Volkswirtschaftler unter lauter Betriebswirten, als sich vergangene Woche erstmals drei der dominierenden Telefonanbieter im Großraum Weser-Ems auf ein Podium setzten. Geladen hatte der Berufsverband der deutschen „Ingenieure für Kommunikation“und gekommen waren neben Börnsen, Norbert Schulz vom Bremer Behördennetz BreKom, Wolfgang Lude, Geschäftsführer der EWE-Tel, sowie Eckart Wolters von der Telekom. Außerdem 130 Ingenieure, die den Mann von der Bonner Regulierungsbehörde zum Mittelpunkt des Geschehens machten.

„Weg vom Preiskampf, hin zu Dienstleistungsangeboten!“, war dessen Botschaft an die Marktstrategen. Online, das sei ein riesiger brachliegender Arbeitsmarkt. Moderne Telekommunikations-Unternehmen müßten sich nicht zuletzt als ausgelagerte Rechenzentren für die deutsche Wirtschaft verstehen – mit dem Angebot, die Ware „Information“nachfrageorientiert auf den neuesten Stand zu bringen.

Arne Börnsen rannte mit seinem Plädoyer an diesem Abend manche offene Tür ein. Saßen doch auf dem Podium mit der BreKom, der EWE-Tel und der Telekom sowieso nur Gesellschaften, die mit dem Pfund eines eigenen Netzes wuchern. Einig war man sich schnell in der Verdammung von reinen Verbindungsnetzbetreibern wie der MobilCom. Mit ihrem Superbillig-Tarif von 19 Pfennigen für jede Minute Ferngespräch innerhalb Deutschlands ist die neue Hamburger Telefongesellschaft in eine Marktlücke gestoßen. Die war ihr nicht zuletzt von der Regulierungsbehörde selbst geöffnet worden.

Grade mal eine einzige Vermittlungsstation betreibt die MobilCom. Damit schaltet sie ihre Anrufer mit geringstmöglichem Aufwand in die Netze der Telekom, die diese den neuen Gesellschaften für 2,7 Pfennig pro Anschluß zur Verfügung stellen muß. Für ein Gespräch von München nach Frankfurt zahlt die MobilCom summa summarum 10,8 Pfennig an die Telekom. Vom Kunden nimmt sie 19 Pfennig – die Telekom rund 60. „Ein ruinöser Wettbewerb“bahne sich da an, sagt Norbert Schulz von der BreKom. Denn schon jetzt gäbe es 70 weitere Bewerber für solche Verbindungsnetze.

Schon im Januar sei das Telekom-Netz fast zusammengebrochen, bestätigt Börnsen. Kein Wunder, wenn beispielsweise das Privatgespräch von München nach Frankfurt (oder Garmisch) bei einem neuen Anbieter erstmal den Umweg über Hamburg macht. Wann die Regulierungsbehörde da einschreite, so die Frage aus dem Publikum. „Abwarten“, war die drohende Antwort Börnsens.

Auf die Dauer, so war man sich in der Podiumsrunde einig, habe auf dem neuen Markt aber nur Bestand, wer über eine eigene Infrastruktur verfügt. Im Fernnetz und bis zur Haustür. Energiekonzerne wie die EWE haben's da einfach. Die machen bei jedem Neubau vom Gas bis zum Telefon gleich das Komplettangebot. Da könnte auch auf der 'letzten Meile' langfristig eine neue Konkurrenz für die Telekom heranwachsen. Doch auch hier, so der Regulierungsbeamte, sei technisch nicht das letzte Wort gesprochen: „Noch sind Ortsnetze auf der Basis von Funksystemen zu teuer. Aber mit Relais – an Bahntrassen – läßt sich so was auf Dauer sicherlich realisieren.“ ritz