Nachgefragt: Neuer Büropark Vahr
■ Stefan Zinser vom Fraunhofer Institut zu Büros auf der grünen Wiese
In Bremen-Oberneuland sollen zwölf Hektar Landschaftsschutzgebiet für einen „Büropark“erschlossen werden. AnwohnerInnen wehren sich dagegen. Sie argumentieren, daß es in Bremen bereits 70.000 Quadratmeter leerstehende Büroflächen gebe. Außerdem würde Tele-Büroarbeit zunehmend in Heimarbeit erledigt. Dem hält die Wirtschaftsbehörde entgegen, es gebe einen Bedarf an Flächen, auf der Firmen eigene Gebäude realisieren können. Die Grünen/ Bündnis 90 wollen die Planungen für den Büropark heute mit einem Dringlichkeitsantrag in der Bürgerschaft stoppen. Die taz sprach mit Stefan Zinser, der das Forschungsprojekt „Office 21“beim Stuttgarter Fraunhofer-Institut leitet.
taz: Wie wird das Büro der Zukunft aussehen?
Stephan Zinser: Die Arbeit wird noch flexibler. Das betrifft die Flexibilität im Raum, d.h. im zentralen Gebäude, daheim, beim Kunden als auch unterwegs. Auch die zeitliche Flexibilität steigt – und ebenso die strukturelle. Es wird flächendeckend neue Beschäftigungsformen geben.
Was heißt das?
Zwei Begriffe machen das anschaulich. Erstens der Portfolio-Worker mit mehreren Beschäftigungsverhältnissen. Er arbeitet für mehrere Arbeitgeber; im Call-Center bedient eine Person mehrere Arbeitgeber. Zweitens gibt es den Cappuccino-Worker. Er steht in einem festen Arbeitsverhältnis mit gewisser Grundsicherheit – das ist praktisch der Kaffee im Cappuccino; die Bezahlung deckt die Bedürfnisse des Menschen – aber der hat noch Wünsche offen. Dann kommt der „Milchschaum“, ein weiteres Beschäftigungsverhältnis, das zusätzliche Sprünge erlaubt. Wenn ich noch mehr möchte, eine Segelyacht, dann nehme ich ein Kakao-Verhältnis an.
Feste Jobs werden weniger? Absolut. Das ist nicht unbedingt eine positive Prognose – aber nicht unrealistisch.
Nun will Bremen zwölf Hektar Wiese erschließen – für einen Büropark an der Autobahn, ohne Straßenbahnanbindung. Ist das der Trend ?
Wir gehen von mehreren Szenarien aus. Da sich unsere Umwelt so schnell und dramatisch verändert, kann schnell eine andere Richtung eingeschlagen werden. Das Bürogebäude wird in Zukunft eine andere Funktion erfüllen, weil die Arbeit flexibler wird. Das heißt, das Büro muß auch ein Stück Heimat bieten, mit dem die Menschen, die „frei arbeiten“, sich identifizieren können.
Kann ein Arbeitgeber bei hohen Arbeitslosenzahlen nicht zwangsweise hohe Anbindung erwarten?
Wir sagen, produktive Arbeit hat man nur mit Menschen, die motiviert sind zu arbeiten, weil es ihnen Spaß macht und sie sich selbst verwirklichen können. Es wird auch neue Arten von Firmen geben – virtuelle Unternehmen. Service-Center beispielsweise, wo viele Portfolio-Worker arbeiten, die natürlich den Kontakt zu anderen Portfolio-Workern suchen. Da kann ein gut erreichbares Telecenter ein Anknüpfungspunkt sein.
Welche Infrastruktur braucht man?
Vor allem eine Multimedia-Infrastruktur, alles was man an Hardware braucht, um Informationen auszutauschen.
Wie muß das Umfeld aussehen?
Es muß den sozialen Bedürfnissen entgegenkommen; d.h. es muß Einkaufsmöglichkeiten geben, Kindergärten und Freizeiteinrichtungen.
Geht all das nicht genausogut in den Innenstädten?
Sowohl als auch. Es wird und muß beides geben, weil auch die Innenstädte wieder belebt werden müssen.
Fragen: Eva Rhode
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