EU-Minister drängt es in den Iran

■ Die Europäische Union sieht genug ermutigende Zeichen, um die Beziehungen zu Teheran schrittweise wieder zu normalisieren. Kinkel will nicht alle Druckmittel aus der Hand geben

Brüssel (taz) – Der Iran wird wieder hoffähig. Die 15 Außenminister der EU beschlossen gestern in Brüssel, daß europäische Minister wieder zu offiziellen Gesprächen in den Iran reisen und auch iranische Minister wieder empfangen dürfen. Ein vollständiger Wiederaufbau der Beziehungen soll allerdings von den weiteren Entwicklungen in Teheran abhängig gemacht werden.

Seit das Berliner Kammergericht vor einem Jahr die iranische Staatsführung als Drahtzieher des Mordes an iranischen Oppositionellen in Berlin beschuldigte, hatte die EU sämtliche offiziellen Kontakte mit der iranischen Regierung abgebrochen. Der vor allem von Bundesaußenminister Klaus Kinkel betriebene „kritische Dialog“ wurde wegen offensichtlichen Scheiterns eingestellt, die Botschafter der EU-Länder wurden aus Teheran vorübergehend nach Hause beordert und eine Reihe iranischer Botschaftsmitarbeiter ausgewiesen, weil sie nach den Erkenntnissen der europäischen Geheimdienste für den iranischen Geheimdienst gearbeitet hatten.

Nach Ansicht der EU-Außenminister gibt es jedoch genügend ermutigende Zeichen aus Teheran, um nun schrittweise eine Normalisierung der Beziehungen anzusteuern. Die Wahl des als moderat eingestuften Staatschefs Mohammad Chatami gilt als solches Zeichen, wie auch die Erklärung der iranischen Regierung, die Rechtsstaatlichkeit zu achten. Vor allem Italien drängt auf eine weitere Lockerung der Sanktionen. „Die sind ganz wild auf Geschäfte mit dem Iran“, meinte ein EU- Diplomat hinter vorgehaltener Hand. Aber auch einige andere Regierungen, die französische zum Beispiel, fordern, den Iran wieder „in die internationale Gemeinschaft zu integrieren“.

Kinkel möchte zwar auch wieder bessere Beziehungen zu Teheran, will aber nicht ganz so schnell zur Tagesordnung übergehen. Man dürfe nicht alle Druckmittel aus der Hand geben, hieß es aus der Umgebung des Außenministers. Denn die iranische Führung gelte nach wie vor als Drahtzieher von Anschlägen. Außerdem wurde vor kurzem ein Deutscher im Iran wegen sexueller Beziehungen zu einer Muslimin zum Tode verurteilt und hofft auf Begnadigung. Alois Berger