Die Bremer Kinotaz ... ... alle Filme, alle Termine

A

Die Akte Jane USA 1997, R: Ridley Scott, D: Demi Moore, Viggo Mortensen

„Dies ist ein extrem merkwürdiger Film: Sein grober Realismus ist irritierend unrealistisch. Demi Moore spielt eine Soldatin, die als erste Frau in eine verschworene Gemeinschaft von Soldaten einbricht, und man weiß sofort, daß sie dies schafft, weil sie ja Demi Moore ist. Im Grunde ist es aber extrem unglaubwürdig, daß diese kleine Frau all die Proben ihrer Kraft und Ausdauer besteht, an der eine ganze Reihe von viel stärkeren Männern scheiterten. Das einzige Zielpublikum für den Film, das ich mir vorstellen kann, sind all jene, die sehen wollen, wie Demi Moore zusammengeschlagen wird. Der bewegenste Moment des Films ist es, wenn ihr die schönen Haare abgeschnitten werden. Dies soll wohl ein feministischer Film sein, aber auch die frauenbewegteste Zuschauerin wird sich schnell daran stören, wie sehr bei diesem Wettkampf Frau gegen Männer die Karten gezinkt wurden.“(Christopher Tookey) UFA-Palast

Alle Sagen: I Love You USA 1996, R: Woody Allen, D: Woody Allen, Dew Barrymore, Julia Roberts, Tim Roth

„Allen entpuppt sich hier als schlimmer Snob, und seine hochgerühmten Aufbrüche aus dem heimatlichen Manhattan nach Paris und Venedig können kaum als wirkliche Neuanfänge gelten, denn Allen modelliert beide Städte in Versionen seines eigenen Terrains um, die fast ausschließlich von reichen New Yorkern bewohnt werden. Wenn man die von Dennis Potter abgekupferten Musical-Elemente und das Inseldenken des New Yorker Stadtneurotikers aus dem Film herausnimmt, bleibt nur noch eine von jenen leichgewichtigen, moralischen Komödien übrig, die die französischen Routiniers für die Hälfte des Geldes und mit viel weniger Brimborium zustandebringen.“(Sight and Sound) Gondel

Amistad USA 1997, R: Steven Spielberg, D: Morgan Freeman, Nigel Hawthorne, Anthony Hopkins

„Auf dem Schiff „Amistad“gab es 1839 einen Aufstand von Sklaven, die die Mannschaft überwältigten und ihre Rückkehr nach Afrika forderten. Diese Rebellion gibt Spielberg Gelegenheit für die erste und stärkste Szene in seinen neuen Film: die Gewalt ist wunderbar balanciert zwischen Gewalttätigkeit und dem Hunger nach Freiheit, und der Rest des Films fließt im Sog dieser Mischung. Die Männer werden getäuscht und landen an der Küste von Conneticut, und auch die Zuschauer erwartet ein Schock. Von hier an entwickelt sich der Film in ein Seminar für Eigentumsrecht: wem und wohin gehören die Angeklagten? Ein junger Anwalt kämpft für ihre Sache, die bis zur höchten Instanz verhandelt wird, wo der Rebellenführer (Djimon Hounsou) von dem ehemaligen Präsidenten John Quincy Adams (Anthony Hopkins) verteidigt wird. Hounsou hat eine bedrohlich, intensive Präsenz - viel mehr als der effekthaschende Hopkins - aber auch Spielberg stößt bei all seinem Können an seine Grenzen, wenn er gegen die Bürde des doppelten courtroom dramas inszenieren muß, und so gibt es in diesem wortreichen und noblem Film immer weniger visuelle Überraschungen.“(The New Yorker) City, Ufa-Palast, Wall-& Ziegelhofkinos (Ol)

Das Auge des Adlers Dänemark/Norwegen/Schweden 1977, R: Peter Flinth, D: Nijas Ornbak-Fjeldmose, Lasse Baunkilde

„Der teuersten Kinderfilmproduktion Skandinaviens wäre der Schritt vom Festivalgeheimtip zum Publikumserfolg wirklich zu wünschen, so sehenswert sind die in wunderbaren Bildern gefilmten Abenteuer des 10jährigen Königssohn Valdemar, der sich gemeinsam mit Freund Aske rittermäßig abmühen muß, das Reich seines Vaters vor den Bösen zu retten. Adlerstark!“(TV-Spielfilm) UFA-Palast, Wall-& Ziegelhofkinos (Ol)

B

Benjamin Blümchen Deutschland 1997, R: Karl Blatz

Bekannt wurde der sprechende Elefant Benjamin Blümchen und die kleine Hexe Bibi Blocksberg durch Hörspielcasetten und Videos für Kinder. Jetzt wieder kurz im Kino Gondel, Kino 46, Schauburg

Besser geht's nicht USA 1997, R: James L. Brooks, D: Jack Nicholson, Helen Hunt

„Leute, die Metaphern benutzen, können mir den Schritt schamponieren“- O ja, Melvin Udall (Jack Nicholson) ist ein wahres Herzchen! Das läßt er Leute spüren, die auf seinem angestammten Platz im Restaurant sitzen, ihn fragen, wie's ihm geht oder einfach nur im Weg sind. Drei „Golden Globe“-Auszeichnungen (für Nicholson, Hunt und die Beste Komödie) lassen erahnen, wie gut diese hundsgemeine, herzerweichende Liebesgeschichte ist. Absolutes Highlight bleibt aber Jack Nicholson als „Rain Man“mit mieser Laune, zweifellos eine dankbare Rolle, die ihm perfekt paßt. Eigentlich ist dem Titel nichts hinzuzufügen: Besser geht's nicht!“(TV-Spielfilm) UFA-Palast, UT-Kinocenter, Wall- & Ziegelhofkinos

Das Boot - Director's Cut Deutschland 1981/97, R: Wolfgang Petersen, D: Jürgen Prochnow, Herbert Grönemeyer, Klaus Wennemann

„Der ulitimative U-Boot-Thriller ist jetzt noch ultimativer“schrieb der „Boston Globe“. Zunächst einmal ist er noch länger. Aus nur in der TV-Fassung genutztem Material streckte Petersen die Kinofassung auf dreieinhalb Stunden, um die Charaktere noch besser herauszuarbeiten.“(P. Ludewig) Europa

The Boxer Irland 1997, R: Jim Sheridan, D: Daniel Day-Lewis, Emily Watson, Gerard McSorley, Brian Cox

„Wenn die Menschen nur halb soviel Energie in den Frieden wie in den Krieg investieren würden, dann könnten sie es vielleicht schaffen!“Der Ire Jim Sheridan weiß, wovon er spricht. Immerhin ist er für einige der wichtigsten Filme über Irland und den dort tobenden blutigen Kampf verantwortlich („Im Namen des Vaters“, „Some Mothers's Sons“). Sein kraftvolles und großartig gespieltes Politdrama „The Boxer“erzählt vor dem Hintergrund neuer Friedensgespräche von der Liebe zweier Unschuldiger. Danny Flynn kehrt nach 14 Jahren Haft als IRA-Kämpfer in seine Heimat Belfast zurück. Nie hat er jemanden verraten, doch vom IRA-Aktivismus will er nichts mehr wissen. Danny eröffnet eine Boxschule, die Protestanten und Katholiken einen soll. Gleich nebenan lebt Maggie, Dannys Jugendliebe und Tochter des IRA-Verhandlungsführers, der die Friedensgespräche voranbringen will. Doch er hat Gegner im Lager. Frustrierend ist es, die Sinnlosigkeit zu erkennen. Sobald ein kleiner Schritt getan ist, jagt eine weitere Bombe alle Hoffnungen in die Luft. Und doch ist dies ein Film der Mut macht – und Wut!“(TV-Spielfilm) City, Cinema

Brassed Off – Mit Pauken und Trompeten Großbritannien 1997, R: Mark Herman, D: Pete Postlewaite, Evan McGregor, Tara Fitzgerald

„Wer will schon einen Film über das Wohl und Wehe einer Blaskapelle sehen? Allein all die unvermeidliche Humptata-Musik müßte eigentlich jeden halbwegs geschmackssicheren Kinogänger abschrecken. Dazu noch als deprimierenden Hintergrund die Schließung eines Kohlen-Berwerks im britischen Yorkshire. Umso überraschender ist es, wenn nach dem Film ein großer Teil des Publikums leise Märsche vor sich her pfeift, andere sich die Augen wischen, und alle sich prächtig amüsiert haben. Hermann bringt uns die Bandmitglieder und ihre Familien als eine verschworene Gemeinschaft von skurillen Charakteren nahe, und mit perfekt gesetzten Pointen gelingt es ihm, eine feine Balance zwischen Gefühl und Humor zu halten. Uns berühren die Zukunftsängste und Ohnmachtsgefühle der Bergarbeiter, und doch lachen wir im nächsten Moment aus vollem Halse.“(hip) Filmstudio

C

Der Campus Deutschland 1997, R: Sönke Wortmann, D: Heiner Lauterbach, Axel Milberg, Barbara Rudnik

„Professor Dietrich Schwanitz wird zufrieden sein. Seinen Roman über die verkommenen Zustände an deutschen Universitäten – statt Lehre, Bildung und Wissenschaft herrschen Karrieregeilheit und Radikal-Feminismus – verfilmte Sönke Wortmann recht brav und bieder, wie einen bunten Werbeclip für den Studentennachwuchs – ganz im Sinne des Buchs.“(Der Spiegel) UFA-Stern, UT-Kino, Casablanca (Ol)

Comedian Harmonists Deutschland 1997, R: Joseph Vilsmaier, D: Ben Becker, Ulrich Noetken, Kai Wiesinger

Diese posthume Erfolgsgeschichte mußte natürlich auf der großen Leinwand enden, und der große Gefühlsbademeister Vilsmaier ist wohl auch der richtige Mann dafür. Man könnte sich zwar auch eine schön böse Tragikomödie von Helmut Dietl vorstellen, die dem raffinierten Witz ihrer Lieder sicher näherkäme, aber bei Künstlerbiographien mit solchen Pflichtzutaten wie „Aufstieg und Fall“, den Greatest hits und Schauspielern, die den Originalen möglichst ähnlich sehen, stört zuviel Originalität nur. Und im großen und ganzen hat Vilsmaier auch alles richtig gemacht: Die Ausstattung ist prächtig, und das Grundübel aller Biopics löste er mit dem gängigen Trick: Wenn zu wenig passiert, kommt eine Liebesgeschichte immer gut. Vilsmaier will großes Gefühlskino, und so freuen wir uns mit den netten Jungs, wenn sie nach soviel Probenarbeit endlich den verdienten Erfolg haben, und wenn die Nazis sie dann mit ihren Rassegesetzen auseinanderzwingen, sind wir angemessen empört.. (hip) Schauburg, City, Casablanca (Ol)

Cop Land USA 1997, R: James Mangold, D: Sylvester Stallone, Robert De Niro, Harvey Keitel

Ja, ich weiß: Kein auch nur halbwegs geschmacksicherer Kinogänger tut sich einen Film mit Sylvester Stallone an. Die Frage, ob er überhaupt ein Schauspieler, oder nur ein selbstherrlicher, waffenschwingender Selbstdarsteller ist, beantwortete sich bisher in seinen Filmen wie von selber, doch jetzt ist es ihm gelungen, alle zu verblüffen. Denn in „Cop Land“SPIELT er einen fetten, ziemlich tumben Kleinstadtsheriff, der in eine Sache gerät, die eindeutig ein paar Nummern zu groß für ihn ist. Und wenn er am Schluß dann doch nach den Pistolen greift, hat er dabei nichts mehr von seiner penetranten Action-Helden-Pose. „Cop Land“erinnert in vielem an „High Noon“. Auch hier muß sich ein Individuum gegen den ganzen Ort stellen, und der Fall wird dadurch noch komplizierter, daß in Stallones Revier fast jeder Einwohner entweder selber ein Cop im nahegelegenen New York ist, oder zumindest mit einem verwandt. Mangold hat eher unspektakulär und in der US-Tradition der Schauspielerfilme inszeniert. Und zu aller Überraschung gelingt es Stallone, seinen Anti-Helden so intensiv und uneitel zu spielen, daß er Harvey Keitel und Robert De Niro nicht nur eine, sondern alle Szenen stielt. Dazu hat er sich, wie einst De Niro in „Raging Bull“, eine beachtliche Wampe angefressen, sodaß „Cop Land“inzwischen unter dem inoffiziellen Titel „Fat Man Walking“läuft. (hip) Filmstudio, Ufa-Stern

D

Denn zum küssen sind sie da USA 1997, R: Gary Fleder, D: Morgan Freeman, Ahley Judd

„Der Casanova dieses Films ist kein unbeschwerter Charmeur, sondern ein skrupelloser Killer, der sich in einem unterirdischen, mittelalterlich anmutenden Verließ einen Harem junger, schöner, intelligenter und starker Frauen hält. Liebe ist für ihn grausame Erziehung und tödliche Inbesitznahme. Im Gegensatz zu dem düsteren Thriller „Sieben“vermeidet Gary Fleder drastische Bilder der Grausamkeiten. Am Fundort der Leiche gibt es kein vergossenes Blut zu sehen und kein geschundenes Fleich, ein auf der Erde liegender blonder Haarschopf und ein paar Bemerkungen reichen, um die Phantasie des Zuschauers zu aktivieren, ohne die Faszination des Grauens zu schüren.“(epd-Film) City

E

Der Eissturm USA 1997, R: Ang Lee, D: Kevin Kline, Sigourney Weaver

Was macht ein Regisseur nach solch einem triumphalen Welterfolg wie „Sinn und Sinnlichkeit“? Die meisten Filmemacher würden den einfachsten Werg gehen, und sich als Spezialisten für sensible Kostümschinken etablieren. Ang Lee ist mutiger sowie geschickter, und inszenierte mit „The Ice Storm“das absolute Gegenstück zu seinem letzten Film. Statt der sonnigen Wiesen im England des 19. Jahrhunderts zeigt er uns nun das winterlich-graue Amerika der 70er Jahre. Vom ersten Bild eines von Eiszapfen starrenden Vorortszuges an ist das Eis die übermächtige Metapher für diese erstarrte Gesellschaft. In den etwas feineren Vororten von New Canaan, Conneticut scheinen 1973 die Kinder reifer zu sein als ihre Eltern. Präsident Nixon, die Vaterfigur der Nation, wurde gerade des Lügens überführt, und die Erwachsenen probieren solche neumodischen Verhaltensweisen wie Partnertausch oder Ladendiebstahl aus. Der Film wirkt manchmal geradezu besessen von Zeit und Raum, selbst auf Kosten des Erzählflusses. Man bekommt eher kleine Einblicke in das Leben zweier Mittelklassefamilien als eine genau definierte Geschichte. Dafür ist die Ausstattung perfekt abgestimmt mit viel Polyester, potthäßlichen Frisuren, Wasserbetten und Cordanzügen. (hip) Atelier

Erdbeer und Schokolade Kuba 1993, R: Tomas Guiterrez Alea, Juan Carlos Tabia, D: Jorge Perugorria, Vladimir Cruz

Einen homosexuellen oppositionellen Lehrer und den naiven, regimetreuen Studenten führen die beiden kubanischen Regisseure in Havanna zusammen. Entstanden ist eine melancholische Satire auf die Zustände in der letzten Diktatur Amerikas, die aber gleichwohl stets die tiefe Sympathie der Regisseure für ihre Heimat zeigt. Eine der wenigen, auch im Ausland erfolgreichen kubanischen Produktionen der letzten Jahre. (mu) Gondel, Atelier

F

Free Willy 3 USA 1997, R: Sam Pillbury, D: Jason James Richter, August Schellenberg

„Mittlerweile zum drittenmal ist Riesensäuger Willy der beste Freund des Menschen. Keine Freunde machen sich hingegen all die Kids, die ihre Eltern dafür mit ins Kino schleppen.“(TV-Spielfilm) UT-Kino

G

Ganz oder Gar nicht Großbritannien 1997, R: Peter Cattaneo, D: Robert Carlyle, Tom Wilkinson, Mark Addy

„Weil nackt zu tanzen immer noch besser ist als arbeitslos rumhängen, gründen sechs schmalbrüstige, unmusikalische und dickbäuchige Männer eine Stripteasetruppe. Nur britisches Kino schafft es, Themen wie den Niedergang der Stahlindustrie mit Familienvätern in roten Latex-Tangas zusammenzubringen – spöttisch, komisch und sentimental.“(Der Spiegel) Ufa-Stern, UT-Kinocenter

Der Gejagte USA 1997, R: Paul Schrader, D: Nick Nolte, Sizzy Spacek, James Coburn

„Ein Paul Schrader-Film kann nicht gut ausgehen. Kaputtmachen, was einen kaputt macht, bleibt am Ende die einzige Lösung für seine Helden. Angesiedelt in der fiktiven Kleinstadt Lawford in Neu-England, die während der gesamten Dauer des Filmes unter einer dichten Schneedecke gleichsam begraben scheint, erzählt er die Geschichte des Dorfpolizisten Wade Whitehouse und seines verkorksten Lebens. Das Fremdwerden geläufigster Lebens- und Umgangsformen treibt Schrader systematisch voran: Begleitet von stetig ärger werdenden Zahnschmerzen und regelmäßigem Alkoholkonsum, kann Wade nicht einmal den Straßenverkehr für Schulkinder regeln, ohne in einen ihn existentiell beschäftigenden Konflikt mit einem Falschfahrer zu geraten. Der alternde Nick Nolte gibt der Figur des Wade jene Täppigkeit, wie sie Männern eigen ist, die so lange nicht wußten, wohin mit der natürlichen Kraft ihres Körpers, bis sie sich von außen nach innen verkantet hat. Daß Wade seine Kraft bereits vor Einsetzen der Filmhandlung verloren hat, nimmt dem „Gejagten“jene verzweifelt-manische Wucht, die Schraders Werk oft durchzieht.“(epd-film) Atelier

George – der aus dem Dschungel kam USA 1997, R: Sam Weisman, D: Brendan Fraser, Leslie Mann, Richard Roundtree

„Auf wenig Anspruch, aber viel Albernheit setzt Regisseur Sam Weismann in seiner Klamotte, die auf der Cartoonserie „George of the Jungle“basiert, die in den 60er Jahren Tarzan zum Depp machte. Deren running gag bestand darin, daß sich der Affenmensch mit jeder Liane an den nächstbesten Baum schwang und den Abdruck seiner Körperkonturen in der Rinde hinterließ. Auch Brendan Fraser läßt in der Spielfilmversion keinen Stamm aus. Die Story ist dabei schnuppe: Was zählt, ist Situationskomik, und vor der gibt es viel, wenn sich George erst mit den Tücken des Urwalds und dann mit denen der Zivilisation herumplagt. (Bremer) UT-Kinocenter, UFA-Stern, Passage (Del), Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

Good Will Hunting USA 1997, R: Gus van Sant, D: Matt Damon, Robin Williams

„Der junge Will Hunting jobbt als Putzhilfe an der Uni. Nachts löst er dort nebenbei die schwierigsten Mathematik-Aufgaben, die auf der Tafel noch übriggeblieben sind. Professor Lambeau erkennt das Genie, das in dem Jungen steckt. Doch der wilde Will aus der Vorstadt prügelt sich lieber mit seinen Arbeiter-Kumpels. Des Lehrers letzte Hoffnung ist sein einstiger College-Kollege Sean McGuire, ein Psychiater-Freak. Zwischen dem traumatischen Teenie und dem schrägen Therapeuten entwickelt sich ganz langsam eine Vater-Sohn Freundschaft. Die Geschichte riecht nach Schmalz und Tränendrüsendrücker. Daraus hätte Hollywood eine Seifenoper vom verstörten Genie gedreht. Doch ein Gus van Sant (“Drugstore Cowboy“, „My Private Idaho“) kennt bekanntlich keinen Kitsch. Wichtiger als die Geschichte sind ihm seine Figuren. Mit Matt Damon und Robin Williams hat er zwei charismatische Schauspieler gefunden, die sich bei ihren Streitereien zu atemberaubenden Höchstleistungen aufstacheln.“(Bremer) Schauburg, Casablanca (Ol)

H

Happy Together Hongkong 1996, R: Wong Kar-Wai, D: Leslie Cheung, Tony Leung Chui-wai / Originalfassung mit Untertiteln

„Zwei so hübsche, elegante und geschmeidige Burschen gibt es im Kino nicht alle Tage. Hongkong-Popstars sind sie und überdies die umschwärmten Lieblingsschauspieler des umschwärmten Regisseurs Wong Kar-Wai. Diesmal hat er sie zu einer amour fou angestiftet, die die beiden weit in die Ferne nach Argentinien treibt. Wong gehört in diesen unterkühlten Tagen zu den letzten Filmemachern, die auf eine heiße, ungeschönt heftige Art von der großen Leidenschaft und ihren Qualen erzählen. „Happy Together“, geradezu tollkühn von Drehtag zu Drehtag vor Ort improvisiert, ist ein erstaunliches Erzähl-Abenteuer, dem Astor Piazzolas Bandoneon die Zärtlichkeit gibt, die Dimension von Melancholie und Utopie.“(Der Spiegel) Kino 46

Hercules USA 1997, R: Ron Clemens

„Dies ist nach dem eher ernsthaften „Glöckner von Notre Dame“eine Rückkehr zum süßlich-komischen Stil von „Die Kleine Meerjungfrau“und „Aladin“. Es ist natürlich völlig anders als alles, woran wir uns aus der antiken Heldensage erinnern: Sehr amerikanisch, laut und vulgär, aber halt auch ein großer Spaß. Zeus, der in der griechischen Mythologie ja eher ein Serien-Vergewaltiger war, wird uns hier etwa als liebender Familienvater vorgeführt, und das Happy End läßt „Herc“, wie er genannt wird, mit seiner Freundin Megara glücklich werden, während wir doch in der Schule gelernt haben, daß er wahnsinnig wurde und Megara sowie alle seine Kinder umbrachte. Aber sowas geht bei Disney nun wirklich nicht. Die ganze Sache hat mehr mit Hollywood-Genres als mit der griechischen Mythologie zu tun: So gibt es wie in „Rocky“einen Trainer, der Herkules zu einem Boxchampion trimmt, oder Megara umgarnt „Herc“mit ihrer Perlenkette wie einst Barabara Stanwyck den Henry Fonda in „The Lady Eve“.“(Christopher Tookey) UT-Kinocenter

Die Hochzeit meines besten Freundes USA 1997, R: P.J. Hogan, D: Julia Roberts, Dermont Mulroney, Cameron Diaz, Rupert Everett

„Dies ist ein äußerst komischer Film, der von vielen Kritikern in den USA und England völlig falsch verstanden wurde. Wie die meisten meiner Kollegen habe auch ich mich in den letzten Jahren über Julia Roberts mokiert, aber hier gibt sie ein brilliante Leistung als komische Schauspielerin. Dies ist eine „screwball comedy“, und bei den Versuchen, auf fürchterlichen und irrsinnigen Umwegen ihre große Liebe zu erobern, stellt sich Julia Roberts auch nicht absurder an als Cary Grant in „His Girl Friday“auf der Jagd nach Rossalind Russel. Es scheint nur viele zu stören, daß diesmal ausnahmsweise mal die Frau die aktive Rolle spielt. Ein anderer Grund für die Mißverständnisse ist, daß der Film wie eine konventionelle Komödie beginnt, aber am Ende in eine ganz andere Richtung läuft. Aber man merkt schnell, daß Julia Roberts mit ihrem schwulen Freund Rupert Everett viel mehr Spaß hat als in einer Ehe mit einem Bettvorleger wie Dermot Mulroney. Das Publikum kommt viel schneller dahinter als einige meiner Kollegen, und so mäkeln sie an dem unorthodoxen Happy-end herum.“(Christopher Tookey) UFA-Stern

I

Im Auftrag des Teufels USA 1997, R: Taylor Hackford, D: Keanu Reeves, Al Pacino

„Wie ehedem Tom Cruise als Anwalt in „Die Firma“bekommt der junge Strafverteidiger Keanu Reeves ein Angebot, das er kaum ausschlagen kann. Der charismatische Al Pacino lockt ihn in seine New Yorker Kanzlei. Doch dieser scheint mit dem Teufel im Bunde zu sein. Regisseur Hackford und Drehbuchautor Tony Gilroy haben tief in den Fundus der Kulturgeschichte gegriffen, um ein Bild von der Faszination des Bösen in unsere heutigen Welt zu schaffen - Goethes „Faust“, „Rosemaries Baby“, sogar Darth Vader läßt sich entziffern. Großartige Bilder und Darsteller, inklusive eines völlig entfesselten Al Pacino, unterstützen eine Story, die den Zuschauer auf geradezu teuflisch geniale Weise an der Nase herumführt.“(TV-Spielfilm) UFA-Stern

In & Out USA 1997, R: Frank Oz, D: Kevin Kline, Tom Selleck, Joan Cussack, Matt Dillon

"Der propere Gymnasiallehrer Howard (Kevin Kline) sitzt eines Abends mit seiner Dauerverlobten Emily (wunderbar: Joan Cussack) vor dem Fernseher und muß erleben, wie ein ehemaliger Schüler den Oscar erhält - und Howard öffentlich als Vorbild-Homo preist. Den überrascht das selbst am allermeisten. Daß er schwul ist, davon will er partout nichts wissen. Den Wirbel, der nach der Offenbarung ausbricht, spickt der Film reichlich mit Gags, Seufzern und Seelenbalsam: ein schmissige Fabel über Homos und Heteros, Kleinstadtklatsch und unwiderstehliche Disko-Rhythmen. „In & Out“ist Frank Capra in Rosarot.“(Der Spiegel) UFA-Palast, UT-Kinocenter, Passage (Del), Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

J

Jenseits der Stille Deutschland 1996, R: Caroline Link, D: Howie Seago, Emmanuelle Laborit

„Caroline Link zeigt, daß mit dem deutschen Kino auch dann noch zu rechnen ist, wenn ihm das Lachen vergangen ist: Eine Tochter gehörloser Eltern wird ausgerechnet Musikerin. Die Eltern begreifen nicht, daß sie sich mit ihrer Klarinette jenseits der Sprache ausdrücken kann – genauso wie diese mit ihren Gebärden. Mit „Jenseits der Stille“ist der jungen Regisseurin ein wunderbar musikalischer Film aus der Welt der Taubstummen gelungen.“(Der Spiegel) Cinema, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

K

Kitchen Hongkon/Japan 1996, R: Yim Ho, D: Jordan Chan, Yasuko Tomita

„Banana Yoshimotos Roman „Kitchen“war in Japan nicht nur ein Bestseller, er gehörte zu den meistverkauften Büchern der letzten Jahre überhaupt. Es ging darin ums Jungsein, ums Abschiednehmen und um Liebe, die durch den Magen geht. Kein japanischer Filmemacher übernahm die Verfilmung. Der 1952 in Hongkong geborene Yim-Ho siedelte die Story in seiner Heimatstadt an, gab den Figuren andere Namen, wechselte die Erzählerperspektive und hielt sich ansonsten eng an die literarische Vorlage. Die etwas mehr als zweistündige Laufzeit der Leinwandfassung entspricht in etwa der Zeit, die man braucht, um den kurzen Roman zu lesen. Die Länge des Film und sein allzu inniges Auskosten der Vorlage ist allerdings seine wesentliche Schwäche. Ab einem bestimmten Moment, nach etwa drei Vierteln des Films, könnte jede Szene die letzte sein. Dann folgt ein emphatischer Schlußpunkt dem anderen. Offenbar fiel Yim Ho die Trennung von seinem wunderschönen poetischen Film so schwer wie seinen Figuren die vielfach vollzogenen Trennungen in der Geschichte.“(epd-film) Cinema

L

La Promesse Belgien/Frankreich 1996, R: Luc und J.P. Dardenne, D: Jeremie Renier, Assita Ouedraogu / Originalfassung mit Untertiteln

„Dies ist einer jener zuversichtlichen Filme, die aus der Begegnung mit dem Fremden ihre dramaturgische Energie holen und sich für eine menschliche Lösung des Konflikts starkmachen. In diesem ästhetisch wie moralisch ungemein geradlinig erzählten Film über illegale Arbeit und einen vertuschten tödlichen Unfall gibt es einen sehr schönen und intensiven Augenblick. Es ist der Moment, in dem der Sohn den Vater verrät, um der Wahrheit und eines Versprechens willen, und die Kamera zeigt die Reaktionen nur im Verharren eines Schritts, im Erstarren eines Rückens.“(taz) Kino 46

Lebe lieber ungewöhnlich Großbritannien 1997, R: Danny Boyle, D: Ewan McGregor, Cameron Diaz, Holly Hunter

„Es gibt einige Momente in „Lebe lieber ungewöhnlich“, bei denen es möglich wird, die sexy, surrealistische Komödie zu erkennen, die Regisseur Danny Boyle und Drehbuchautor John Hodge wohl gerne gemacht hätten. Aber mit schlechtem timing, unzusammenhängend und uneben, ist dieser so ambitionierte Film nur faszinierend im Umfang seines Scheiterns. Mit dem Abschied von den makaberen Späßen ihrer ersten beiden Filme „Kleine Morde unter Freunden“und „Trainspotting“versuchten die beiden, ihren modischen, subversiven Pop-Stil in ein neues Genre zu verpflanzen: die Screwball-Romanze als Comic. Eingezwängt irgendwo zwischen die klassischen Hollywood-Komödien „A Matter of Life and Death“und „It Happened One Night“folgt der Plot den ausgetretenen Wegen des irrwitzigen Pärchens auf der Flucht. Durch Klassenschranken und Temperament getrennt, sind Ewan McGregor's Pförtner und Cameron Diaz's reiches Mädchen eine Rückkehr zu Gable und Colbert, aber während Capras Paar von Witz und dem Schwung gieriger Leidenschaft zischt, wirken McGregor und Diaz wie ein Paar naßgewordene Knallfrösche. Diaz spielt die coole Zynikerin nur gehässig und ohne die dringend nötige Verletzlichkeit, und McGregor fehlt der schurkische Charme, der ihn attraktiv statt nur dümmlich machen würde. Aber die fundamentaleren Probleme liegen im schwachen Drehbuch. Während die Komödien der 30er Jahre Sex in brilliante Hänseleien sublimierten, poltern die Dialoge von Hodge schwerfällig herum, um dann mit schwachen Gags über Menschen niederzukommen, denen die Partner mit ihren Aerobic-Trainern durchbrennen.“(Sight and Sound) Schauburg, Ufa-Stern

Das Leben ist ein Spiel (Rien ne va plus)Frankreich/Schweiz 1997, R: Claude Chabrol, D: Michel Serrault, Isabelle Huppert, Francois Cluzet

„Rien ne va plus? Von wegen, bei Claude Chabrol geht immer mehr. Auch in seinem 50. Film zeigt der mittlerweile 67jährige Klassiker des französischen Kinos, daß er wie eh und je zu den Meistern seines Fachs zählt. Nach selbst verfaßtem Drehbuch schickt er zwei seiner Lieblingsschauspieler in ein krimikomödiantisches Fondue für Feinschmecker. Isabelle Huppert und Michel Serrault bilden das erfolgreiche Gauner-Gespann Betty und Victor, das sich mit raffinierten Trickbetrügereien das eigene Portemonaie füllt. Mit pointierten Dialogen, dreisten Wendungen und sogar einer schweißtreibenden Folterszenen zu Opernmusik würzt der Oldie but Goldie sein skurriles Jubiläumswerk um ein schrulliges Betrügerpaar, das sich in seinen Bluffs verheddert und erfahren muß, daß eine Stricknadel auch ins Auge gehen kann. Aber so ist er, unser Chabrol: Immer ein wenig durchtrieben.“(Bremer) Gondel

Leonard Cohen - Bird on a Wire Großbritannien 1972, R: Tony Palmer / Originalfassung mit Untertiteln

„In dieser Dokumentation einer 23-Städte-Tournee von Cohen gibt es genug, was den Mythos, Musiker und Mensch Cohen voll erfaßt, die anfängliche Distanz der unglaublich schön photographierten Bühnenauftritte abbaut und so in einem miniuziösen Puzzlespiel aus beobachtenden Reaktionen, Gesten, Mimik, Gesprächen die Person Cohen langsam einkreist und entlarvt. Seine hochgradige Sensibilität entpuppt sich als ein Teil seiner narzistischen Eitelkeit und bricht erst wirklich echt durch, wenn er im letzten Teil des Films einen Trip nimmt, durch Jerusalem fährt und seinem Konzert dort nicht mehr gewachsen ist. Seine, vor allem die Frauen unter seinen Fans faszinierende Traurigkeit, zeigt sich als permanent schlechte Laune, die er an seiner Umgebung abreagiert.“(Sounds) Kino 46

Long Week-End Australien 1978, R: Colin Eggleston, D: John Hargreaves, Briony Behets / Originalfassung mit Untertiteln

„Um ihre kriselnde Ehe wiederzubeleben, fahren Peter und Marcia zum Wochenende in die Abgeschiedenheit einer wilden Buschlandschaft. Dort werden sie Opfer einer alptraumhaft bedrohlichen Natur: Opfer des eigenen inneren Unheils. Dieser Versuch, in Form einer „Horrorstory“das Drama einer zerstörten Ehe zu reflektieren, ist zwar interessant, scheitert aber weitgehend durch allzu dick aufgetragene Symbolismen und eine oft langatmige Inszenierung.“(Lexikon des internationalen Films) Kino 46

M

Mad City USA 1997, R: Constantin Costa-Gavras, D: John Travolta, Dustin Hoffman, Mia Kirshner, Alan Alda, William Atherton

„Arbeitslosigkeit ist ein Fluch. Eine einzige Entlassung kann, wie dieser Film drastisch klarmacht, zu einer Tragödie führen: Ein Museumswärter in einer US-Kleinstadt dreht durch, als man ihm kündigt, und ein TV-Reporter (Dustin Hoffman), der aus dem armen Kerl (John Travolta) einen Prime-time-Heuler machen will, hetzt ihn vollends ins Verhängnis. Das Rührstück mit dem unerklärlichen Titel ist ein Muß für alle, die Travolta schon immer in der Rolle eines Schwachkopfs sehen wollten, für den Rest der Welt jedoch ein Härtetest.“(Spiegel) UT-Kinocenter, Muwi (OL)

Der Mann mit den Bäumen Deutschland 1989, R: Werner Kubny, D: Fedinand Dux, Anna Ludwig

„Ein alter Mann erzählt seiner achtjährigen Enkelin von seiner Begegnung mit einem französischen Schäfer im Hochland der Provence, der mit großer Beharrlichkeit die karge Landschaft mit Bäumen bepflanzte und so im Verlauf von Jahrzehnten das Dasein des Menschen bereichterte. Ein in poetischen Bildern und eigenwilligem erzählerischem Rhythmus gestaltetes Plädoyer für die Einheit von Mensch und Natur, das sich exakt an den Text von Jean Giono hält und sich vor allem durch die in der Gegenwart verankerte Rahmenhandlung auch jungen Zuschauern erschließen dürfte.“(Lexikon des internationalen Films) UFA-Palast

Marius und Jeannette Frankreich 1997, R: Robert Guediguians, D: Ariane Ascaride, Gerard Meylan

„Es war einmal eine alleinerziehende Kassiererin, die stahl zwei Eimer Farbe in einer verlassenen Zementfabrik. Als sie dabei vom hinkenden Aufseher erwischt wurde, verliebte sich dieser in die arme Frau. Der Film, in seiner Heimat zum Publikumsliebling avanciert, verbindet die leichtfüßige Love-story mit schmachtender Sozialkritik. Bisweilen schrammt die plakative Botschaft dabei hart am Politkitsch vorbei. .“(Bremer) Cinema

Mimic USA 1997, R: Guillermo Del Toro, D: Mira Sorvino, Jeremy Northam

„Mira Sorvino (aus Woody Allens's „Geliebte Aphrodite“) wird im Kampf gegen mannshohe Superkakerlaken in New Yorker U-Bahnschächten ausgiebig mit Käfersekreten besudelt. Genreliebhaber werden die amtlichen Live-Action und computeranimierten Monsterkäfer zu schätzen wissen. Ein etwas vorhersehbares, aber sympathisches B-Movie des Mexikaners Guillermo del Toro, der vor fünf Jahren mit „Cronos“überzeugte. Mann muß froh sein, wenn liebevoller Trash dieser Güteklasse überhaupt auf deutschen Leinwänden flimmert.“(tip) UT-Kinocenter, Gloria (Del), Wall-& Ziegelhofkinos (Ol)

Mutters Courage Deutschland/Großbritannien 1995, R: Michael Verhoeven, D: George Tabori, Pauline Collins

„Wenn dieser Regisseur nur nicht soviel Angst vor Mutters Courage hätte, die die Courage und die Rettung einer Einzelnen ist. Ganz alleine steht Pauline Collins als Elsa Tabori 1944 in Budapest auf dem Bahnhof. Und dann läßt Verhoeven sie mit ihrem Judenstern über den heutigen Kurfürstendamm laufen - antifa-vollkompatibel und pädagogisch wertvoll.“(taz) Atlantis

P

Pippi Langstrumpf Schweden/Deutschland 1997, R: Clive Smith

„Ich hab ein Haus, ein Äffchen und ein Pferd...“Wer jetzt noch nicht mitsummt, sollte sich vielleicht ernsthaft fragen, wie und womit er seine Kindheit verbracht hat. Obwohl: eine moderne Zeichentrickversion „unsere“Pippi? Da halten wir's doch lieber mit dem „Highländer“: Es kann nur eine(n) geben!“(TV-Spiefilm) City, Schauburg, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

Postman USA 1997, R: Kevin Costner, D: Kevin Costner, Olivia Williams, Wil Patton

„Postman, zu deutsch der „Briefträger“ist anno 2013 durch einen postapokalyptischen Wilden Westen als Hoffnungsträger unterwegs: Elektrisches Licht funktioniert zwar erstaunlicherweise auch nach dem Atomkrieg noch, doch in den Dörfchen der Überlebenden herrschen Mutlosigkeit und Angst vor einem Räuberhäuptling namens Bethlehem. Da bewirkt der Briefträger auch als Samenspender Ermunterung. Doch dann muß er mit der schwangeren Braut vor dem Wüterich Bethlehem fliehen wie die Heilige Familie höchstselbst. Das Messiasmädchen aber, das am Ende auf die Welt kommt, bekommt den Namen „Hoffnung“. Halleluja! Kevin Costner, der früher mit dem Wolf tanzte, ist nun nach „Waterworld“abermals als missionarischer Menschheitsretter im Einsatz, diesmal auch dreieiniger Star-Regisseur-Produzent, und er bewährt sich über drei Kinostunden als Breitwand-Landschafts-Pathetiker, dem unentwegt ein 100-Mann-Symphonieorchester beisteht, um sein patriotisches Credo hochzujubeln..“(Der Spiegel) UFA-Stern

S

Sieben Jahre in Tibet USA 1997, R: Jean-Jaques Annaud, D: Brad Pitt

„Den Stoff, aus dem die klassischen Monumentalfilme sind, liefert die Autobiographie des österreichischen Bergsteigers Heinrich Harrer: 1943 gelingt ihm die Flucht aus britischer Kriegsgefangenschaft in Nordindien. Er schlägt sich nach Tibet durch. In der für Fremde verbotenen Stadt Lhasa gewinnt er die Freundschaft des jungen Dalai Lama. Während er dem kleinen „Gottkönig“alles über die Welt jenseits des Himalaya beibringt, färbt die buddhistische Lebens- und Denkweise seiner Gastgeber auf den arroganten Egomanen Harrer ab. Annaud läßt den „Mythos Tibet“in prachtvollen Bildern lebendig werden,“(TV-Spielfilm) City

Sirga, die Löwin Frankreich 1996, R: Patrick Grandperret, D: Marthuin Sinze, Salif Keita

„Eine Geschichte zwischen Urwald und Märchen: im afrikanischen Busch werden gleichzeitig ein Löwen- und ein Menschenbaby geboren; es dauert nicht lange, und ihre Wege kreuzen sich. Bilder der afrikanischen Steppe und des dichten Urwaldes, die Lebensgewohnheiten des Stammes, zeigen uns ein fremdes Land und entführen in eine fremde Kultur. Die Kamera ist ganz nah dabei, da ist nichts getrickst oder einstudiert.“(epd-film) Atlantis

Spice World – der Film Großbritannien 1997, R: Bob Spiers, D: Spice Girls, Richard E. Grant

„1997 wird als das Jahr in die Geschichte eingehen, in dem die Spice Girls über uns kamen. Selbst wer ihre Musik konsequent mied, traf spätestens im Supermarkt auf die penetranten Gewürzgirlies: In Form von Spice-Girls-Parfüm, Spice-Girls-Puppen, Spice-Girls-Kuchen, Spice-Girls-Chips usw, usw. Jetzt droht auch noch der Film. Im Branchenjargon nennt man das Produktdifferenzierung. Nur schmeckt die vorgeblich scharfe Girl Power so fade wie abgestandene Kartoffelchips: Mehr ein Blondinenwitz im Fünferpack als Revolution in Barbie-World.“(taz) UFA-Palast

Starship Troopers USA 1997, R: Paul Verhoeven, D: Casper Van Dien, Dina Meyer

„Wer unvorbereitet in diesen Film geht und nicht mehr erwartet als Zoff mit außerirdischen Killerkakerlaken, wird, ziemlich verstört, ein Meisterwerk faschistischer Lichtspielkunst entdecken. Er wird dasitzen und sagen: „Das kann doch nicht - darf doch nicht - ernst gemeint sein.“Verhoeven nahm sich Propagandafilme des zweiten Weltkriegs zum Vorbild und übersetzte stur deren simpel gesticktes Rollenbild. Das Ergebnis, dachte er wohl, müsse zwangsweise groteske Überzeichnung sein, Satire eben, Karikatur. „Starship Troopers“ist eine düstere Zukunftsvision, perfide getarnt durch leuchtend helle Farben. Eine wunderbare Klamotte für aufgeklärte Zuseher. Und hier beginnt das Dilemma. Denn was Kino ist, entscheidet nicht nur die Intention derer, die es gemacht haben. Einigen wird Verhoevens Opus - unfreiwillig - den Eindruck vermitteln, daß Faschismus light okay sein kann. (Der Spiegel) City, UT-Kinocenter, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol), Passage (Del)

T

Titanic USA 1997, R: James Cameron, D: Leonardo DiCaprio, Kate Winslet

„Nicht Cameron hat ein Thema gefunden, sondern das Thema ihn. Dem Drehbuchautor und Regisseur kommt es dabei nicht auf Symbole und Metaphern an. Er sucht das private Drama in der Kollision zwischen menschlicher Hybris und der von aller technischen Raffinesse unbeeindruckten Natur. So besitzt dieser Actionfilm durchaus Züge eines Kammerspiels, die den Fluß der Katastrophe immer wieder auf produktive Weise hemmen - im Dienste einer großen, altmodisch erzählten Love-story. Camerons „Titanic“ist eine suggestive Zeitreise, eine Reise auch in eine betonierte Klassengesellschaft.“(epd-Film) Europa, UFA-Palast, UT-Kinocenter, Lichtspielhaus (Del), Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

Das Trio Deutschland 1997, R: Hermine Huntgeburth, D: Götz George, Christian Redl, Jeanette Hain

„Sie klauen zusammen und leben zusammen: das alternde Schwulenpärchen Zobel und Karl sowie Zobels Tochter Lizzi. Das skurrile Dreiecksverhältnis gerät aus den Fugen, als Karl stirbt und Lizzi einen jungen Typen als Ersatz anschleppt. Aus der sanften Groteske droht ein Mordsmelodram zu werden, doch Hermine Huntgeburth (“Gefährliche Freundin“) weiß es stets zu verhindern, daß die Gefühle größer als die Figuren werden. Die Schauspieler dürfen über sich hinauswachsen“. (Focus) City

U

Der Unfisch Österreich 1996, R: Robert Dornhelm, D: Maria Schrader, Andreas Lust

„Ein Blauwal reist auf einem gelben Lastwagen durch die Alpen. Dazu erschallt aus Pauken, Trompeten und einer Tuba „La Paloma“. Der Fahrer stirbt, der Wal kommt zum Stehen auf dem Marktplatz eines östereichischen Dorfes, wo die Gänse seelenruhig ihre Kreise ziehen. „Der Unfisch“spielt Ende der 50er Jahre, vielleicht Anfang der 60er Jahre. Im Off erzählt eine freundlich-ironische Stimme, und noch die unerklärlichsten Dinge erscheinen plötzlich logisch. Vielleicht ist es eine Parabel auf das Wirtschaftswunder, vielleicht soll die Unterdrückung der Frau angeklagt oder einfach gesagt werden, daß Heteros doof sind. Aber „Der Unfisch“funktioniert auch ohne das. Er zieht einen in seine Welt, weil die von unserer gar nicht weit entfernt ist. Man sitzt da, und erwischt sich beim permanenten Grinsen. Wer sich gewünscht hat, daß ein deutschsprachiger Film auch einfach schön sein kann, ganz ohne Stadtgespräche und teure Klamotten, der hat seinen Wunsch erfüllt bekommen. Nur Maria Schrader sieht immerzu aus, als hätte sie irgendwas in den Backen.“(taz) Atlantis

W

Das Wissen vom Heilen Schweiz 1996, R: Franz Reichle

Der Dalai Lama hat Husten, und sein Leibarzt Dr. Tenzin Choedrak flüstert ihm ehrerbietig seine Ratschläge zu: Seine Heiligkeit möge möglichst viel ruhen und die verschriebenen Pillen einnehmen. Diese Szene in Franz Reichles Dokumentarfilm wirkt zugleich rührend und komisch in ihrer weltlichen Normalität. Solch einen Hausarzt wie dieses kleine, runzlige Männlein möchte man auch haben, und der Film belegt sehr überzeugend, daß seine tibetanischen Kuren und Kräutermischungen eine ganz erstaunliche Heilkraft besitzen. Diese Botschaft ist dem Regisseur das Wichtigste. Das Medium hat für ihn nur sekundäre Bedeutung, und so führt er betont kunstlos in die Konzeption der tibetanischen Medizin ein. . (hip) Cinema