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■ VorschlagDie Liebe zu Okinawa: „Level Five“ von Chris Marker läuft im fsk an

Mit „La Jetee“ (1962) oder „Sans Soleil“ (1982), um nur zwei seiner Arbeiten zu nennen, ist Chris Marker ein hochgeschätzter Filmemacher und Dokumentarist. Doch man sollte sich davon nicht den Schlaf rauben lassen, in den einen sein letzter Film, „Level Five“, leicht wiegt. Vielleicht ist Chris Marker einfach überschätzt. Diese Idee stützt „Level Five“ jedenfalls gewaltig.

Zunächst trifft man auf eine junge Frau, die das dunkle, französische Pendant zu Claudia Schiffer sein könnte. Laura, wie sie heißt, bemüht sich um ein Videospiel, das die Schlacht um Okinawa rekonstruiert. Da sich schöne junge Frauen gewöhnlich nicht mit den Schlachten des Zweiten Weltkriegs befassen, hat Laura dieses Spiel auch von ihrem verstorbenen Geliebten geerbt. Junge Damen haben es bekanntermaßen eher mit der Poesie und entsprechend mit dem leisen, melancholischen Tod. Daher singt Laura gerne kleine Liedchen und redet eine Menge Unsinn. Natürlich stammt der von Marker, aber dazu gibt er sein Gesicht – mit gutem Grund – nicht her. Würde ein Mann solchen Schwachsinn plappern, das Publikum könnte sich das peinliche Lachen nicht verkneifen. Bei schönen jungen Damen freilich soll das anders sein. Warum eigentlich?

Und warum „Okinawa mon amour“? Keine Ahnung. Irgendwann tritt Shigeaki Kinjo auf, ein Opfer seiner Regierung. Mit dem älteren Bruder erschlug er 1945 Mutter und Geschwister, weil es den Befehl gab, sich dem Feind nicht lebend zu ergeben. Hier gewinnt der Film an Gewicht. Doch dann kommt schon das berühmte Foto, das die Amerikaner beim Aufpflanzen ihrer Fahne zeigt (übrigens auf Iwojima). Es ist, jeder weiß es, nachgestellt, gefakt. Aber es taugt Marker noch immer für die medienkritische Erörterung zum Thema technisches Bild und Krieg. Und, hey, man kommt der Frage „Warum Okinawa?“ näher. Denn Chris, den ermite électronique, fasziniert das Netz. Doch um dem Ruch des Apologeten zu entgehen, muß er eben den Zusammenhang von Kriegs- und Unterhaltungsindustrie bemühen. Die Liebe zu Okinawa? – Vielleicht, als der Krieg noch kein Computerspiel war. Brigitte Werneburg

„Level Five“, F 1996, 106 Min., im fsk, Segitzdamm 2

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